Moderne Objektiv-Klassiker: Nokton und Primoplan
Im Vergleich zu ihren historischen Vorbildern sind moderne Objektiv-Klassiker relativ preiswert. Das Primoplan 75/1.9 liegt bei 1000 Euro, ein angekündigtes Biotar 75/1.5 soll 1400 Euro kosten. Für die historischen Vorbilder wird bisweilen das Dreifache gefordert – und gezahlt. Interessant ist im Vergleich auch das Nokton 75/1.5. Unterschiede zeigen sich im Detail.
Um 1937 entstand in der Manufaktur von Hugo Meyer in Görlitz das Primoplan als Normalbrennweite und 75-Millimeter-Tele. Beide im ungewöhnlichen 5/4-Design mit Lichtstärke F/1.9. Nach knapp 20 Jahren wurde ihre Produktion eingestellt. Die durch ihre neue Oberflächenvergütung technisch überlegenen Biotar-Modelle hatten sich im vom Zeiss dominierten Markt durchgesetzt und dienten als Ausgangsbasis für Generationen von Standardbrennweiten. Heute besitzt die OPC-GmbH in Bad Kreuznach die Markenrechte für Meyer-Görlitz und produziert beide Primoplan-Objektive nach historischem Vorbild mit modernen Mitteln. Nokton ist ein Name, bei Voigtländer Anfang 1950 erstmals erwähnt, der zum Synonym für hochlichtstarke Optiken wurde. Der Aufbau folgt dem für die Zeit typischen Doppel-Gauß-Design. Die asphärischen Linsen des modernen Klassikers lassen sich heute maschinell fertigen.
Voigtländer bietet ein Objektiv-Sortiment mit Brennweiten von 10 bis 90 Millimeter und Leica M-Anschluss, gefertigt bei Cosina in Japan. Die OPC GmbH hat sechs Meyer-Görlitz- und zwei Zeiss-Klassiker im Programm. Mittels Adapter lassen sich diese Objektive an jeder spiegellosen Kamera nutzen. Spezielle Close Fokus Adapter wurden hier vorgestellt.
Alle Objektive sind erstklassig verarbeitet und auch haptisch ein Genuss. Schicke Streulichtblenden gehören teilweise zum Lieferumfang, mitunter werden sie zu stolzen Preisen als Zubehör angeboten. Hinsichtlich einer wirksamen Abschirmung lassen sie, vermutlich für die Nutzung an Mess-Sucherkameras bemessen, viel Luft nach oben. Über einen Step-up-Filterring adaptierbare Standardblenden mit 52 oder 62 Millimeter Anschluss bieten mehr Tiefe und ermöglichen kontrastreichere Aufnahmen.
Letztlich entscheiden persönliche Präferenzen. Das kann eine bevorzugte oder bisher noch nicht vorhandene Brennweite sein, sowie ihre Wirkung an der eigenen Kamera. 75 Millimeter ergeben ein Äquivalent von 150 Millimeter Brennweite am MFT-Format. Doch das Bokeh im Randbereich wird in dieser Konstellation durch den kleinen Sensor beschnitten und hier im Vergleich gezeigt. Ebenso sollte das Handling Berücksichtigung finden, nicht jedem liegen stufenlose Blenden.