Mit der Altix-Family auf Tournee
Den Höhepunkt ihrer Karriere feierte die Gruppe während der 1950er Jahre und den vielleicht wichtigsten Gig hatte die Altix-Family damals in Dresden. Die Combo besteht aus drei Görlitzer Solisten und einem Zwillingspaar aus Jena. Sie bildeten eine Patchwork-Familie, lange bevor das Wort erfunden wurde. Ihre verschiedenen Väter gaben ihnen exotische Namen wie Telefogar und Primagon. Tessar und Trioplan klangen geläufiger. Doch zwischen ihnen war die Rivalität besonders heftig, das Tessar blieb der schärfste Konkurrent. Beide erlebten erstaunlich lange Solo-Karrieren, während die anderen bald in Vergessenheit gerieten.
Die Görlitzer Abkömmlinge der Altix-Family zählten für die sächsische Manufaktur Hugo Meyer – 1946 in VEB Optisch-Feinmechanische Werke Görlitz umbenannt – zu den ersten wichtigen Nachkriegsprodukten. Sie wurden für die Dresdener Altix-Kameras n, nb und V als Wechseloptiken angefertigt. Ihre Präzision und Haptik ist immer noch Genuss pur.
Das Trioplan entwickelte sich zum Dauerbrenner und mit dem Primagon 35/4.5 kam 1952 das zweite echte Weitwinkelobjektiv fürs Kleinbildformat (nach dem Zeiss Flektogon) auf den Markt. Neben dem Telefogar 90/3.5 war es eine exklusive Altix-Entwicklung. Die Normalbrennweiten Tessar 50/2.8 und Trioplan 50/2.9 dagegen waren Abkömmlinge bekannter Objektiv-Konstruktionen. Zeiss legte sogar eine weitere, mechanisch überarbeitete Tessar-Version nach.
Nabelschau
Die Mitglieder der Altix-Family sind allesamt feinmechanische Meisterwerke und das 50er Trioplan ist in meinen Augen das schönste aller Triplets. Welches das Beste ist? Diese Frage wurde hier erörtert. Mechanisch ist das zweite Tessar gelungener als die erste Version, kompromisslose Schärfe liefern beide. Statt den üblichen 12 hat es nur noch 8 Blendenlamellen und die neu implementierte Rastblende klickt beim Verstellen sanft und präzise wie die Kettenschaltung eines modernen High-Tech-Bikes. Voraussetzung für die Freude an diesen alten Schätzen ist ein guter Erhaltungszustand. Was das bedeutet und worauf beim Kauf zu achten ist, beschreibt dieser Beitrag.
Lichteffekte
Primagon und Telefogar sind die vielleicht interessantesten Mitglieder der Altix-Familiy. Schaut man nur auf ihre Lichtstärke, könnte ein Eindruck von „leicht unterbelichtet“ entstehen. Weit gefehlt. Für ein Weitwinkel von 1952 ist das Primagon heute noch genial. Zugegeben, fürs Spiel mit der Unschärfe an Crop-Kameras eignet sich Lichtstärke F/4.5 nur bedingt und schneidend scharf bis in die Ecken abbilden können moderne Weitwinkel besser. Am Vollformat kann es artgerecht genutzt und geschickt eingesetzt umhauen. Der vergleichsweise einfache optische Aufbau mit nur vier Linsen bei moderater Lichtstärke machte die Korrektur der wenigen Abbildungsfehler leicht. Die optische Rechnung soll als Grundlage für das spätere Lydith 30/3.5 gedient haben. Ein Meyer-Görlitz Objektiv, das ebenfalls zu einer kleinen Berühmtheit wurde.
Das Telefogar läuft leicht abgeblendet zur Hochform auf. Seine Schwäche für chromatische Aberrationen, vorzugsweise im Blau-Gelb-Bereich, korrigiert Lightroom mit wenigen Klicks, die Vignettierung ebenfalls. Beides trifft, wenn auch weniger ausgeprägt, aufs Primagon zu. Tessar und Trioplan zeigen keine unangenehmen Auffälligkeiten. 50 Millimeter Brennweite bei der gegebenen Lichtstärke waren mit den Glassorten und Oberflächenbeschichtungen der 1950er Jahre offensichtlich beherrschbar. Beide Objektive gab es später auch für verschiedene M42-Spiegelreflexkameras, das 50er-Trioplan wurde in Domiplan umbenannt. Dem Tessar wiederfuhr Ähnliches, wenn auch aus ganz anderen Gründen. Diese und andere DDR-Eigenheiten bei der Namensgebung sind hier beschrieben.
Ahnenforschung
Wer mehr über den Meyerschen Zweig der Altix-Family und ihre Väter wissen möchte, wird auf den Webseiten von Yves Strobelt und Marco Kröger fündig. Sie haben auch sehenswerte Fotos zusammengetragen, die Einblick in den damaligen Produktionsprozess im Görlitzer Werk geben.
Kontakt zur Altix-Family
Die Altix-Family eint ein exotisches und zierliches Bajonett. Die Bandbreite der Adaptionen reicht von grobschlächtig über pragmatisch bis hin zu feinsinnigen Fertigadaptern.