Über 30 Jahre nach Erfindung des Kleinbildformats erschien 1949 das erste Weitwinkelobjektiv für Spiegelreflexkameras: Zeiss Flektogon 35/2.8. 1955 präsentierte Meyer Görlitz das Primagon 35/4.5 und schickte in den 1960er Jahren zwei weitere Modelle ins Rennen. Anders und außergewöhnlich ist das Travegon 35/3.5, berechnet vom legendären Ludwig Bertele.
Spiegelreflexkameras verzeichneten steigende Nachfrage. Bekannte und bewährte Weitwinkelobjektive, wie beispielsweise das Zeiss Biogon, waren nicht adaptierbar. Durch Kombination bewährter Elemente entstanden sogenannte Retrofokusobjektive. Diesen Gattungsbegriff prägte der französische Hersteller Angénieux. Simpel war die Neuberechnung indes nicht – sie erfolgte noch mit Papier, Bleistift, Logarithmen-Tafeln und mechanischen Rechenmaschinen. Später ermöglichten Computer, neue Glassorten und bessere Vergütungen Konstruktionen mit Einzellinsen. Primäres Ziel war stets, Fertigung und Kosten zu optimieren. Die Ergebnisse konnten nicht immer in jeder Hinsicht überzeugen.
Eine große Zerstreuungslinse als Frontelement in Kombination mit einer bewährten Triplet- oder Tessar- oder Doppelgauß-Konstruktion im hinteren Bereich des Objektivs kennzeichnet die erste Generation neuer Weitwinkelobjektive. Das Doppelgauß-Element erwies sich als optische Sackgasse, Triplet und Tessar machten das Rennen. Dieser optische Kniff vergrößerte die sogenannte Schnittweite und schuf Raum für den Schwingspiegel. 35 Millimeter Brennweite und 60 Grad Bildwinkel waren zunächst das Maß der Dinge.