1945 war Zeiss mit den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs, Reparationsleistungen und Deportationen führender Mitarbeiter konfrontiert. Mit dem, was übrig blieb, musste die DDR-Fotoindustrie unter anderen Vorzeichen neu beginnen. Das erste wieder produzierte Objektiv war ein Tessar. Wie die Geschichte 1989 endete, ist bekannt. Dazwischen lagen technologische Erfolge und zahllose politische Eingriffe und Umstrukturierungen. Die Bücher von Armin Hermann lesen sich wie ein Wirtschaftskrimi.
Seit den 1960er Jahren versuchte die DDR-Führung, die Rolle des VEB Carl Zeiss Jena neu zu definieren. Kapazitäten für Fotoprodukte im Amateur-Segment sollten zugunsten von Hochtechnologie minimiert werden. Möglicherweise markierte Zeiss mit dem Pancolar 50/1.8 bereits das Ende deutscher Technologieführerschaft im Objektivbau. Ab 1963 bildete Laser-Technik einen Schwerpunkt. Nach vier Jahren funktionierte der für die NVA entwickelte Entfernungsmesser EML „zufriedenstellend“. Im zivilen Sektor entwickelte sich ein Laser-Mikrospektral Analysator zum Devisenbringer.
Mit Wolfgang Biermann als Generaldirektor des Kombinats Carl Zeiss Jena begann 1975 eine neue Zeitrechnung. 1983 verfügte das Zentralkomitee der SED die Entwicklung Belichtungsmaschinen zur Halbleiterfertigung. Zwei Jahre später verkündete Biermann, „kein Interesse an der Fotografie“ mehr zu haben. 1988 stellte er den Prototyp eines volkseigenen Megabit-Chips vor – ein Prestigeprojekt für Erich Honecker. Zum Kombinat gehörten mittlerweile über 22 Betriebe mit 58.000 Beschäftigten. Der Autokrat Biermann betrachtete sein Reich als „Staat im Staate“. Seine Herrschaft war geprägt von Ignoranz, rigider Führung und übertriebener Berichterstattung. Wohlwollend als „Konzeptionskultur“ umschrieben – Machtmissbrauch mit integrierten Cover-your-ass-Komponenten trifft es präziser. Ein Spiegel-Artikel rechnet 1990 mit Biermann ab und findet deutliche Worte: „Diktaturstil, Leuteschinder, Schauprozesse, Gewalt-Herrschaft“.
Ausblick auf Teil II
Nach der Enteignung firmierte Meyer-Görlitz 1945 als VEB Feinoptisches Werk Görlitz und wurde 1968 ins Kombinat VEB Pentacon integriert. Ab 1971 trugen fast alle Objektive nur noch den Namen Pentacon, die Unterscheidung erfolgte über Brennweite und Lichtstärke. Zusammen mit den erfolgreichen Praktica-Kameras sollte der Amateur-Fotomarkt bedient werden. Um Ziele wie hohe Planzahlen und Einsparungen bei knappen Ressourcen zu erreichen, war Improvisationstalent gefragt.
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