Best-of-Altglas: Exotische Objektive
Exotische Objektive locken mit mystisch anmutenden Aufnahmen. Nicht selten bleiben die eigenen Bilder deutlich hinter den geweckten Erwartungen zurück. Dann heißt es dranbleiben, denn die bewunderten Zauberwerke entstanden mit Sicherheit nicht „mal eben so“. Manche Optik war nicht zum Fotografieren gedacht, die Eigenheiten muss man zunächst kennenlernen und Lösungen für mögliche Schwächen finden.
Der Hype um das Cyclop 85/1.5 ist wieder abgeflaut. Es handelt sich um die optische Einheit aus einem Nachtsichtgerät, deren innerer Aufbau unbekannt ist. Die angebliche Verwandtschaft mit dem Helios 40 bleibt eine unbestätigte Vermutung und Bildvergleiche lassen deutliche Unterschiede erkennen – zu Gunsten des Helios 40. Das Cyclop besitzt keine Blende und wird in verschiedenen Ausführungen angeboten. Auch mit M42-Anschluss, der aber nicht unbedingt das übliche Auflagemaß aufweisen muss. Die Details von Angeboten zu identifizieren, erfordert gründliche Recherche.
Der Umgang mit dem Cyclop 85/1.5 erfordert Übung. Drei Altglas-Anwender berichten über ihre Erfahrungen im Vintageobjektiv-Buch und Band 1 des E-Books. Die Aufnahmen von Roland Günter und Frank Rückert lassen staunen, was mit dieser Optik möglich ist. Auch Gabi Nothum war von solchen Bildern begeistert. Doch die „mystische Anmutung der Aufnahmen“ blieb weit hinter den Erwartungen zurück und das Objektiv wurde bald wieder verkauft. Bei mir liegt es nach mehreren Anläufen schon ziemlich lange in der Nochmal-ausprobieren-Schublade.
Altix
Die Kleinbildkameras aus Dresden entwickelten sich in den 1950er Jahren von simplen Blechkonstruktionen zu präzisen Spritzgussgehäusen mit Wechselobjektiven. Der VEB Feinoptisches Werk Görlitz lieferte unter anderem das handliche Telefogar 90/3.5 im klassischen 4/3-Sonnar-Design – ausschließlich mit Altix-Anschluss. Nicht ganz so exotisch ist das Primagon 35/4.5. Seines Zeichens das zweite echte Weitwinkelobjektiv fürs Kleinbildformat, das später auch mit M42-Anschluss gefertigt wurde. Über das komplette Altix-Objektiv-Programm wurde hier berichtet.
Objektive exhumieren
Einige Sucherkameras der 70er Jahre sorgen mit ihrem Erscheinen für Aufsehen in der Fotowelt. Die meisten ihrer Objektive wurden nie für Spiegelreflexkameras hergestellt und die Verbreitung spiegelloser Modelle beflügelte die Umbau-Optionen. Für Hans-Jürgen Diener fing es 2015 mit einem adaptierten Altix-Objektiv an. Nicht irgendwie angeflanscht, sondern mit original Altix-Wechselbajonett, welches aus einer alten Kamera herausgelöst und angepasst wurde – einschließlich funktionierender Unendlich-Einstellung. Mindestens 30 dieser Adapter sind inzwischen entstanden, mit Sony-, Nikon-Z, MFT, Fuji-X und Leica-M-Anschluss. Die Adaption exotischer Objektive übt auf Hans-Jürgen einen speziellen Reiz aus. Die Liste ist lang und umfasst Kameras beziehungsweise Objektive unterschiedlichster Hersteller: Color-Skopar, Lanthar, Mamiya-Sekor, Minox, Praktina, Prominent, Topcor, Werra-Matic, Voigtländer und andere.
Auch Heiko Pilz wollte „mal was Neues ausprobieren“. Die besten Erfahrungen hat er bisher mit Voigtländer Ultron gemacht, einer Normalbrennweite mit Lichtstärke F/2. Überraschungen mit neuen Objektiven fordern immer wieder Improvisationstalent. Auch eine Drehbank kommt regelmäßig ins Spiel. Der Umbau bereits bekannter Optiken beansprucht acht bis zehn Stunden Arbeitszeit. Die Materialkosten (ohne Spenderkamera) liegen zwischen 50 und 150 Euro. Das ist kein ganz billiges Vergnügen, aber als Ergebnis entsteht ein Unikat.
Erfahrungswerte
Über ihre Umbau-Erfahrungen und Projekte berichten Hans-Jürgen und Heiko ausführlich im Kapitel „Maßgeschneiderte Adapter“. Zu Wort kommt auch Gudrun Besler, die viele ihrer Kino-Objektive aus Filmkameras und Projektoren hat umbauen lassen. Ihre Aufnahmen zeigen auch, was damit möglich ist – bei Offenblende und wenigen Zentimeter Entfernung zum Motiv.