Best-of-Altglas: Drei ungewöhnliche Makro-Objektive
Für den Nahbereich optimierte Objektive waren in der analogen Fotografie anfangs unüblich. Für mehr Nähe zum Motiv kamen Zwischenringe zum Einsatz. Als eines der ersten Makroobjektive gilt das Makro-Kilar 40/3.5 von Heinz Kilfitt. Es erschien 1954 im Tessar-Design (4/3). Im Laufe der Zeit bot fast jeder Hersteller diese Spezies an, zunächst mit Brennweiten zwischen 50 und 60 Millimeter bei Lichtstärken um F/3.5. Später gesellten sich 100er-Brennweiten dazu.
Preislich lagen diese Objektive auf dem Niveau der lichtstärksten Normalbrennweiten, die mit Blende F/1.2 lockten und für um die 400 bis 500 D-Mark über die Ladentheke gingen. Für ein Leica-R Elmarit 60/2.8 war gut das Doppelte fällig. Ebenso wie für die Olympus Spezialität OM 50/2 mit „Floating Elements“. Anfangs auf maximale Schärfe im Nahbereich getrimmt, wurden später Kompromisse gesucht, die Abbildungsleistung in Unendlich-Einstellung zu verbessern. Hinzu kommt, dass die meisten dieser Objektive nur bis zum Maßstab 1:2 abbilden, darüber hinaus benötigen sie einen Zwischenring.
Micor-Nikkor
So bezeichnet Nikon seine Makro-Objektive. Das 55/2.8 kam 1979 auf den Markt und verfügt über eine Close-Range-Correction (CRC) genannte Technologie. Beim Fokussieren wird eine zweite Linsengruppe zur Optimierung der Abbildungsleistung verschoben. Das Modell ist noch heute im Lieferprogramm, kostet rund 600 Euro und wurde hier vorgestellt. Die zuvor erschienenen Modelle, alle im optischen 5/4-Design mit Lichtstärke F/3.5 sind ebenfalls eine gute Wahl. Interessant ist auch das Micro-Nikkor 105/4, das erste „selbständige“ Nikon-Makro im 100 Millimeter Segment, zuvor existierte es nur als Objektivkopf für Balgengeräte. Ungewöhnlich ist das optische Innenleben, ein Heliar-Design. Die Erfindung geht auf das Jahr 1900 zurück und wurde über 50 Jahre für das Groß- und Mittelformat produziert. Für Kleinbildkameras spielte es in den 1970er Jahren eine kleine Nebenrolle, Pentax und Canon hatten zu dieser Zeit zum Nikon 105/4 vergleichbare Makros im Programm.
Pentax 50/4 im Tessar-Design
Aus der M42-Ära stammt dieses ungewöhnliche Makro-Objektiv. Es basiert auf einem Tessar-Design von 1902. Die auf F/4 reduzierte Blendenöffnung verspricht gute Abbildungsleistungen und die Tessar-Rechnung hohe Schärfe mit besonderem Bokeh – das konnte bereits Heinz Kilfitt mit dem Makro-Kilar zeigen.
Tokina 90/2.5 „Bokina“
Dieses Objektiv stammt aus den späten 1980er Jahren. Die vergleichsweise moderne Konstruktion mit acht Linsen in sieben Gruppen (8/7) und hochgelobtem Bokeh wird bisweilen auch als „Bokina“ bezeichnet. Bei genauerer Betrachtung fallen zwei unschöne Eigenschaften auf. Zum einen das sägezahnförmige Muster der Blendenlamellen, welches bei Blende F/4 das Bokeh dominiert. Zum anderen chromatische Aberrationen an kontrastreichen Kanten, die bis Blende F/5.6 sichtbar sind. Beides ist für ein hochwertiges Makro-Objektiv ungewöhnlich. Im 1. Halbjahr 2022 dominierten eBay-Angebote aus Japan in technisch einwandfreiem Zustand für knapp 200 Euro. Mit Porto, 19% Mehrwertsteuer und Handling-Pauschale summiert sich der Preis schnell auf 300 Euro – für ein Objektiv mit zwei deutlich sichtbaren Fehlern eine stolze Summe. Phillip Reeve stellt es in einem ausführlichen Review vor.
Best-of-Altglas
Im nächsten Beitrag der Reihe stehen exotische Objektive im Mittelpunkt. Unter anderem das Cyclop 85/1.5 aus einem Nachtsichtgerät, Altix-Objektive und aus Sucherkameras adaptierte Optiken der 1970er Jahre. Zwei findige Feinmechaniker aus Dresden suchen und finden immer wieder neue Herausforderungen.