Altglas

Altglas-Anwender und ihre Erfahrungen

Im aktuellen Vintageobjektiv-Buch berichten weitere Altglas-Anwender über ihre Erfahrungen mit alten Objektiven. Was motiviert sie, damit zu fotografieren? Welche Optiken haben sie gewählt? Warum schätzen die meisten das bodennahe Arbeiten? War einer möglicherweise sogar Gast im Froschteich?

Froschteich. Altglas-Anwender und ihre Erfahrungen
Mit dem Meyer Görlitz Kino-Plasmat 20/1.5 im Froschteich (R. Günter)

Als ich zum ersten Mal die Bilder von Roland Günter sah, war ich fasziniert. Dann kamen Fragen: Wie hat er die Frösche auf Augenhöhe abgelichtet? Lag er wartend am Ufer? Oder ist er …? Ja, er ist drin gewesen. Im Froschteich. Gewartet hat er dort auch. Ziemlich lange sogar. Eine Kamera ging dabei zu Grunde, sie versank im Teich. Roland liegt öfter in der Landschaft und wartet auf den entscheidenden Moment. Nachbarn wollten schon einen Rettungswagen rufen, seine Frau beruhigte. Das sei nur ihr Mann. Der macht das beruflich und will die biologische Artenvielfalt mit seinen Bildern erlebbar werden lassen. Hier gibt es einen Einblick. Einige Hundert Objektive stehen dazu bereit und Roland kennt seine Oldies gut. Genauso wie seine kleinen Klienten und ihre Fluchtdistanzen. Dazu passend wählt er die Kamera. Am MFT-Sensor erreichen ein Wollensak Ocillo-Raptar 75/1.9, ursprünglich für Bildschirmaufnahmen elektronischer Messgeräte konzipiert, oder das Cyclop 85/1.5 aus einem russischen Nachtsichtgerät äquivalente Brennweiten von 150 bis 190 Millimeter. Mit dem Meyer Görlitz Kino-Plasmat aus den 1920er Jahren und seinen 20 Millimeter Brennweite muss er gut Freund sein mit dem Frosch.

Gudrun Besler wendet sich ebenfalls den kleinen Dingen zu, die sie mit alten Kino-Objektiven fotografiert. Sie stammen aus Filmkameras und Projektoren. Letztere erfordern meistens maßgeschneiderte Adapter und mechanische Anpassungen. Kamera-Optiken mit C- und D-Mount passen an standardisierte Adapter. Da fallen Namen wie Yashinon-V Zunow 38/1.4, Kinon III 40/1.6 von Meyer Görlitz oder Nizo 50/2.8. Die Winzlinge harmonieren in der Regel nur mit MFT-Kameras und nur auf ganz kurze Distanz. Gudrun weiß die technischen Grenzen auszureizen. Sie kriecht auch durchs nasse Gras und lauert liegend an Pfützen. Dabei kann die Streulichtblende schon mal Wasser schöpfen. Wie sie nach solchen Exkursionen aussieht? Interessiert sie nicht, die Bilder müssen überzeugen. Die findet man beispielsweise in der fotocommunity, wenn man nach „Aorta Besler“ sucht. Im Vintageobjektiv-Buch versteckt sich Gudrun auf Seite 50 hinter den Kino-Objektiven.

Wirgin. Altglas-Anwender und ihre Erfahrungen
Wirgin 1 ½“ Filmkamera-Objektiv (G. Besler)

Gunnar Asmus kam über neue, manuelle Festbrennweiten zum Altglas. Das erste war ein Geschenk und kam von einer Freundin aus Österreich: Ein Zeiss Tessar 50/2.8 im Zebra-Look. 15 weitere kamen hinzu, der Fotorucksack wurde immer schwerer. Nachdem er „seine“ Schätze gefunden hatte, ließ das Altglasvirus von ihm ab. Inzwischen schaut er nur noch nach besonderen Stücken – schließlich brauchen auch Maler mal neue Pinsel. Zu seinen „Lieblingspinseln“ gehören ein Zeiss-Ultron, das Pancolar 80/1.8 sowie ein lichtstarkes 55er Olympus. Gemalt wird mit einer Olympus MFT-Kamera, mit Muße am Stativ ausgerichtet.

Asmus. Altglas-Anwender und ihre Erfahrungen
Im Fluß (Pancolar 80/1.8, G. Asmus)

Gabi Nothum entdeckte mit alten Objektiven aufgenommene Bilder in der fotocommunity. Das führte vom Bewundern zur Inspiration und dem drängenden Wunsch, „auch solche Zauberwerke zustande zu bringen“. Die erste Errungenschaft war ein Cyklop 85/1.5, doch die „mystische Anmutung der Aufnahmen“ blieb weit hinter den Erwartungen zurück und das Objektiv wurde bald wieder verkauft. Die Nachfolge trat ein Trioplan 100/2.8 an. Es avancierte zu einer ihrer Lieblingslinsen, deren „Bokeh mit dem Goldrand-Effekt in den Lichtern“ Gabi besonders schätzt. Auch ein Primoplan 58/1.9 hat seinen Stammplatz in ihrer Fototasche. Große Nähe zum Motiv ist elementar für die Wirkung ihrer Aufnahmen. Sich bodennah durch nasse Wiesen zu bewegen gehört ebenso dazu wie im Winter mit einer Leiter in den Apfelbaum zu steigen, um tiefgekühlte Zweige im Gegenlicht aufzunehmen. Insgesamt haben sich rund 30 Objektive angesammelt, darunter auch bekannte Altglas-Klassiker wie Helios 44 oder Pancolar 50/1.8. Letztere bieten Gabi „kreativen Spielraum durch falsch herum platzierte Linsen, die für bizarre Bokeh-Sensationen sorgen“.

Nothum. Altglas-Anwender und ihre Erfahrungen
Blumenwiese (Trioplan 100/2.8, G. Nothum)
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Bernd Kieckhöfel

Bernd Kieckhöfel hat einige Jahre für eine lokale Zeitung gearbeitet und eine Reihe von Fachartikeln zur Mitarbeiterführung veröffentlicht. Seit 2014 schreibt er für Fotoespresso, DOCMA, FotoMagazin sowie c't Digitale Fotografie.

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