Software- oder Hardware-Kalibrierung?

Damit man sich auf die Farben auf dem Bildschirm verlassen kann, muss dieser kalibriert sein, mit einer Software- oder Hardware-Kalibrierung. Diese Begriffe werden oft missverstanden – was wenig verwunderlich ist, denn sie führen in die Irre. Michael J. Hußmann erklärt, was die Software- und Hardware-Kalibrierung wirklich ist und warum sie nichts mit Software und Hardware zu tun hat. Manche vermuten, bei einer Hardware-Kalibrierung würde man die Bildschirmfarben mit einem Colorimeter messen, statt deren Wiedergabe nach dem Augenschein einzustellen. Andere sehen den Hardware-Aspekt darin, dass der Monitor mit einem eingebauten Colorimeter ausgestattet wäre und sich daher selbsttätig kalibrieren könne. Nun ist ein Farbmessgerät zwar tatsächlich unverzichtbar, und es ist praktisch, wenn dieses in den Monitor integriert ist, aber beides hat nichts mit dem Thema zu tun. Die Unterscheidung zwischen Software- und Hardware-Kalibrierung dreht sich allein darum, wo die nötige Farbkorrektur erfolgt, also an welcher Stelle diese zwischen den digitalen Bilddaten im Computer und den auf dem Bildschirm aufleuchtenden Pixeln dafür sorgt, dass genau die Farben erscheinen, die man gemeint hat. Um das genauer zu erklären, müssen wir etwas weiter ausholen. Was passiert überhaupt bei einer Bildschirmkalibrierung und warum ist sie nötig? Könnte man Monitore nicht von vornherein so bauen, dass sie stets die richtigen Farben produzieren? Für die Bildbearbeitung im Computer kann man RGB-Farbräume mit unterschiedlich großem Gamut wie sRGB (links) und Adobe RGB (Mitte) wählen. Welche Farben tatsächlich auf dem Bildschirm darstellbar sind, hängt von dessen eigenem Farbraum ab (rechts). Wie alles anfängt – mit Rot, Grün und Blau Bei der Monitorkalibrierung geht es darum, Farben verbindlich anzuzeigen: Die Farben, die man selbst sieht, soll auch jeder andere sehen, überall, auf jedem Monitor, gleich welchen Fabrikats, und nach Möglichkeit dann auch im Druck. In der Bildbearbeitung am Computer arbeiten wir weit überwiegend im RGB-Farbmodell, in dem alle benötigten Farbtöne als additive Mischung der Grundfarben Rot, Grün und Blau dargestellt werden. Ein RGB-Pixel ist durch die Helligkeit der Grundfarben definiert, die wir mit 8 Bits pro Farbkanal als ganze Zahl zwischen 0 und 255 angeben; bei 16 Bits pro Farbkanal verfeinert sich die Auflösung auf 65536 unterschiedliche Werte. Ist die gewünschte Farbe nun nicht schon durch die drei Zahlenwerte für Rot, Grün und Blau eindeutig beschrieben? Was für eine Farbe aus der Mischung entsteht, hängt zunächst einmal davon ab, von welchem Rot, Grün und Blau wir hier konkret reden – also welche Wellenlängen diese Grundfarben haben. Welcher Helligkeit die verschiedenen Zahlenwerte entsprechen, muss ebenfalls erst einmal festgelegt werden: Wie hell kann das hellste Rot, Grün und Blau jeweils werden, und wie verändert sich die Helligkeit, wenn sich der Zahlenwert ändert? Entspricht ein verdoppelter Zahlenwert einer verdoppelten Helligkeit, oder ist diese größer beziehungsweise kleiner? Mit den vermeintlich unzweideutigen RGB-Werten ist tatsächlich noch gar nichts festgelegt, und dieselben Zahlen können für sichtbar unterschiedliche Farben stehen. Um Farben eindeutig zu benennen, müssen wir neben den RGB-Zahlenwerten den Farbraum angeben, auf den wir uns damit beziehen. Ein Farbraum hat einen begrenzten Bereich von Farben, die sich darin darstellen lassen, den sogenannten Gamut, und alle RGB-Werte eines Farbraums identifizieren Farbtöne innerhalb dieses Gamut. Farbtöne, die jenseits von dessen Grenzen liegen, lassen sich nicht darstellen und haben in diesem Farbraum keinen RGB-Wert. Wer Bilder in einem Farbraum mit kleinem Gamut wie beispielsweise sRGB bearbeitet, muss von vornherein auf besonders helle und gesättigte Farben verzichten, wie sie im Gamut von Adobe RGB oder dem noch größeren Farbraum ProPhoto RGB enthalten sind. Ein Farbraum ist durch ein Profil definiert, das jedem RGB-Wert im jeweiligen Farbraum eine Farbe zuordnet. Aber wie ist eine solche Zuordnung zu einer bestimmten Farbe möglich, wenn wir doch festgestellt haben, dass RGB-Werte nicht eindeutig sind? Als unabhängige Referenz dient das L*a*b-Farbmodell, in dem sich alle für das menschliche Auge sichtbaren Farben beschreiben lassen. Im L*a*b-Gamut sind alle sichtbaren Farben enthalten und damit auch die kleineren Gamuts aller RGB-Farbräume. Wenn wir einem RGB-Bild nun einen Farbraum zugeteilt haben, sind seine Farben eindeutig definiert, aber mit zwei Beschränkungen müssen wir leben: Farbtöne außerhalb des Gamuts bleiben uns unzugänglich und die feine Abstufung zwischen ähnlichen Farbtönen wird durch die Zahl der Bits beschränkt. Daher hat die Größe eines Farbraums zwei Aspekte: Ein großer Gamut bedeutet, dass er viele, insbesondere auch stark gesättigte Farben enthält, während eine große Zahl von Bits die feine Unterscheidung vieler Farbabstufungen innerhalb des Gamut erlaubt. Letzteres wird sich im Zusammenhang mit der Software- und Hardware-Kalibrierung noch als wichtig erweisen. Farben auf dem Bildschirm Displays erzeugen Bilder aus Lichtpunkten in den Farben Rot, Grün und Blau. Jeweils drei benachbarte Bildpunkte bilden ein Bildschirmpixel, und je nach den Helligkeiten der roten, grünen und blauen Lichtpunkte sehen wir unterschiedliche Farben. Auch bei einem solchen RGB-Display stellt sich aber die Frage, welche Wellenlängen dessen Grundfarben haben. Bei einem TFT-Display mit weißer Hintergrundbeleuchtung entstehen die Grundfarben durch Filter, die jeweils einen schmalen Wellenlängenbereich durchlassen, also nicht nur eine einzige Wellenlänge. Hier muss der Hersteller zwischen maximaler Helligkeit und möglichst reinen Primärfarben abwägen: Je trennschärfer die Filter, desto weniger Licht lassen sie insgesamt durch und desto dunkler erscheint das Bild. Mit einem etwas breitbandigeren Filter gewinnt man Helligkeit, allerdings um den Preis, weniger gesättigte Farben darstellen zu können. Neben den Grundfarben zeigt auch das Verhältnis zwischen den RGB-Zahlenwerten und den Helligkeiten der Lichtpunkte noch bei jedem Monitor andere Eigenheiten. Anders gesagt: Jeder Monitor hat seinen eigenen Farbraum, der keinem Standard wie sRGB oder Adobe RGB entspricht. Und zwar nicht nur jedes Modell; jedes einzelne Exemplar hat einen etwas anderen Farbraum, der sich über die Jahre auch noch schleichend verändert. Wenn wir verlässliche Farben sehen wollen, müssen wir deshalb zwei Aufgaben bewältigen: Erstens den Farbraum unseres Bildschirms präzise ausmessen – und zwar regelmäßig, um die Alterung des Displays zu berücksichtigen –, und zweitens die Farben aus dem für die Bildbearbeitung gewählten Standard-Farbraum, so gut es eben geht, in den idiosynkratischen Farbraum des Bildschirms transformieren. Manche Monitore wie der Eizo ColorEdgeCG2700X besitzen ein integriertes Farbmessgerät, das für eine automatische Kalibrierung aus dem Bildschirmrahmen ausklappt. Kalibrierung Für eine Kalibrierung ist sowohl Hardware, nämlich ein Farbmessgerät nötig, als auch eine dazugehörige Software. Das Farbmessgerät (Colorimeter) wird auf dem Bildschirm befestigt und die Kalibrierungssoftware erzeugt dann nacheinander eine repräsentative Auswahl unterschiedlich heller und gesättigter Farben. Aus dem Vergleich der gemessenen Farben mit den Soll-Farben lässt sich ein Profil mit einer Look-up-Tabelle anlegen, mit der man die RGB-Werte eines Bildes so anpassen kann, dass auf dem Bildschirm am Ende die richtigen Farben aufleuchten. Die Korrekturwerte hängen dabei auch vom gewählten Weißpunkt ab, also der Farbtemperatur, die als Weiß gelten soll. Hier entscheidet man sich zweckmäßigerweise für einen Wert, der dem Umgebungslicht entspricht – andernfalls müssten wir uns immer wieder umstellen, wenn wir uns vom Bildschirm abwenden. Nebenbei ermittelt die Software dabei auch den Farbumfang, den der Bildschirm darstellen kann, also seinen Gamut, und kann ihn mit dem Gamut verschiedener Standard-Farbräume vergleichen. Wenn wir beispielsweise einen sehr großen Farbraum wie ProPhoto RGB bevorzugen, unser Monitor aber nur gerade eben den Gamut von Adobe RGB abbildet, werden wir einen großen Teil der in ProPhoto RGB prinzipiell darstellbaren Farben nie zu Gesicht bekommen. Nun ist die Zahl unterscheidbarer Farben durch die Zahl der Bits begrenzt, bei 8 Bit pro RGB-Kanal beispielsweise auf 16777216 Farbtöne, und wenn einige dieser Farben gar nicht darstellbar sind, bleiben für die darstellbaren Farben noch weniger Differenzierungsmöglichkeiten übrig. Wo ist das Profil? Erst nachdem die Kalibrierungssoftware ein Korrekturprofil für den Bildschirm angelegt hat, entscheidet es sich, ob wir mit einer Software- oder Hardware-Kalibrierung arbeiten. Bei einer Software-Kalibrierung wird das Profil im Computer gespeichert und vom Grafikprozessor auf die Bilddaten angewandt, bevor sie zum Monitor geschickt werden. Dabei ist der Monitoranschluss ein Engpass, denn wenn nur 8 Bit pro Kanal zum Monitor gelangen, nützt eine höhere Farbtiefe in Photoshop wenig. Die Korrekturen der RGB-Werte finden innerhalb dieser 8 Bit statt, also indem in jedem RGB-Kanal 256 Werte verschoben werden. Hebt man einen der Werte an oder senkt ihn ab, reißen einerseits Lücken auf – manche der verfügbaren Helligkeitswerte bleiben ungenutzt –, während andererseits zwei verschiedene Helligkeitswerte nach der Korrektur nicht mehr unterschieden werden. Während die Software-Kalibrierung nur 256 oder 1024 Helligkeitswerte unterscheiden kann, ermöglicht eine Hardware-Kalibrierung mit einem Profil im Monitor für eine feinere und präzisere Korrektur. Im Ergebnis ist die Farbwiedergabe zwar verbessert, insofern die auf dem Bildschirm angezeigten Farben den beabsichtigten Farben näher kommen – aber gleichzeitig gehen feine Farb- und Helligkeitsunterschiede verloren und es kann zu Tonwertabrissen kommen. Anders sieht es schon aus, wenn der Grafikchip im Computer und der Monitor 10 Bit pro Kanal akzeptieren und damit 1024, also vier mal so viele Helligkeitswerte unterscheiden. Die besten Ergebnisse bringt allerdings eine Hardware-Kalibrierung, bei der das Profil nicht schon im Computer, sondern erst im Monitor angewandt wird. Die Look-up-Tabelle kann dann so fein differenzierte Korrekturen vornehmen, wie es das verwendete Display-Panel überhaupt erlaubt, und ist weder durch die Bittiefe des Bildes noch durch die Schnittstelle zwischen Grafikkarte und Monitor beschränkt. Das Korrekturprofil ist damit nicht nur genauer, sondern vermeidet auch einen Verlust an Farb- und Tonwertunterschieden. In einem Bild mit 8 Bit pro RGB-Kanal können zwar weiterhin nur 16777216 Farbtöne differenziert werden, aber wenigstens bleiben diese auch nach der Profilkorrektur erhalten und werden so präzise angezeigt, wie es mit dem Display-Panel möglich ist. Wir stellen auf dieser Doppelseite beispielhaft drei aktuelle Modelle vor, die sich hardware-kalibrieren lassen. Obwohl eine Hardware-Kalibrierung also genauso wie eine Software-Kalibrierung abläuft und sogar dasselbe Farbmessgerät nutzen kann, liefert sie bessere Ergebnisse, allein weil die Korrektur der RGB-Werte erst am Ende der Verarbeitungskette stattfindet und daher nicht durch den Engpass am Monitorausgang behindert wird. Bei einer Helligkeitsauflösung von 8 Bit am Monitorausgang kann es nach einer Farbkalibrierung zu Tonwertabrissen kommen (a); 10 Bit verringern das Problem (b). Erst eine Hardware-Kalibrierung garantiert stufenlose Farbverläufe (c).

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