Hyperreal

Hyperreale Fotografie – so nennt der Schweizer Fotograf Fabio Antenore seinen Stil. Technik spielt im gesamten Entstehungsprozess seiner Kunst eine wichtige Rolle. Dazu gehört die Aufnahmetechnik genauso wie die Bildbearbeitung. | Christoph Künne DOCMA: Fabio, du hast einen ungewöhnlichen Weg zur Fotografie eingeschlagen. Wie kam es dazu? Fabio Antenore: Das stimmt. Ich war früher Tontechniker und Musikproduzent. In diesem Job ging es darum, die kreativen Vorstellungen anderer umzusetzen. Nach einem Burn-out habe ich mich entschlossen, mich auf meine eigene Kreativität zu konzentrieren. Die Fotografie war für mich ein Weg, mich selbst zu finden. DOCMA: Wie hat sich dein Stil entwickelt? Fabio Antenore: Anfangs war ich viel in der Natur unterwegs. Landschaften stellten keine Ansprüche an mich, das half mir, zu mir selbst zu finden. Mit der Zeit entwickelte ich meinen Stil der „hyperrealistischen Fotografie“. Dabei geht es mir nicht um Realitätstreue, sondern um maximale Emotion und Perfektion. DOCMA: Du nennst deinen Stil „hyperreale Fotografie“. Was verstehst du darunter? Fabio Antenore: Für mich bedeutet hyperreale Fotografie, die Natur in ihrer bestmöglichen Form abzubilden. Ich will Kunstwerke erschaffen, die über das hinausgehen, was das bloße Auge sehen kann. Meine Bilder sind eine Mischung aus Ansichten eines Ortes zu verschiedenen Zeitpunkten, zusammengesetzt zu einem idealisierten „Best-of“. DOCMA: Deine Bilder wirken oft spektakulär. Wie erreichst du diesen Effekt? Fabio Antenore: Der Schlüssel liegt in meiner Herangehensweise an die Zeitachse. Ich fotografiere einen Ort über viele Stunden hinweg zu verschiedenen Tageszeiten. In der Postproduktion setze ich dann Elemente aus diesen verschiedenen Aufnahmen zusammen. So kann ich beispielsweise die goldene Stunde mit einem Sternenhimmel kombinieren. DOCMA: Das klingt nach einem sehr zeitaufwendigen Prozess. Wie sieht deine Arbeitsweise konkret aus? Fabio Antenore: Meine Arbeit besteht zu je 30 Prozent aus detaillierter Planung, fortgeschrittener Aufnahmetechnik vor Ort und Postproduktion am Monitor. Die restlichen 10 Prozent sind Glück. Ich pflege eine umfangreiche Bucketlist mit Orten, die ich fotografieren möchte. Vor Ort arbeite ich dann mit einer hochauflösenden Mittelformatkamera und verschiedenen Filtern. Die eigentliche Magie entsteht aber erst in der Postproduktion mit Photoshop. DOCMA: Welche Rolle spielt die Technik in deinem Kreativprozess? Fabio Antenore: Technik ist für mich unverzichtbar. Von der Aufnahmetechnik bis zur Bildbearbeitung nutze ich fortschrittliche Werkzeuge. Besonders wichtig ist mein Monitor, der ColorEdge CG2700X von EIZO. Er ist sozusagen das Fenster zu meinen magischen Bildwelten und ermöglicht mir eine präzise Farbwiedergabe und Detailkontrolle. DOCMA: Fabio, du hast erwähnt, dass du dich mit generativer KI beschäftigst. Wie genau setzt du KI in deinem kreativen Prozess ein? Fabio Antenore: KI ist für mich ein faszinierendes Werkzeug, das ich auf verschiedene Weise nutze. Einerseits setze ich KI-basierte Werkzeuge auch in meinem herkömmlichen Foto-Workflow ein, um bestimmte Bearbeitungsschritte zu beschleunigen oder zu vereinfachen. Andererseits experimentiere ich mit der Erstellung von Bildern von Grund auf (generative KI), was mir völlig neue kreative Möglichkeiten eröffnet. Allerdings verwende ich keine KI-generierten Bildelemente in meinen Fotos. DOCMA: Viele Fotografen sehen KI als Bedrohung. Du sprichst von Chancen. Wo siehst du konkret Potenziale für Fotografen im Umgang mit KI? Fabio Antenore: Ich sehe KI als Erweiterung unserer kreativen Möglichkeiten, nicht als Ersatz. Für Fotografen bietet KI enormes Potenzial in der Bildbearbeitung. Sie kann zeitaufwendige Prozesse wie Retusche oder Compositing erheblich vereinfachen. Zudem kann KI als Inspirationsquelle dienen, um neue Bildideen zu entwickeln. Es geht darum, KI als Werkzeug zu begreifen, das unsere eigene Kreativität und Vision unterstützt, nicht ersetzt. DOCMA: Du hast eine technische Vergangenheit als Tontechniker. Wie beeinflusst das deinen Umgang mit neuen Technologien wie KI in der Fotografie? Fabio Antenore: Mein technischer Hintergrund hat mir definitiv geholfen, offen für neue Technologien zu bleiben. Ich sehe Parallelen zwischen der Entwicklung in der Musikproduktion und dem, was jetzt in der Fotografie mit KI passiert. In beiden Fällen geht es darum, die Technik zu nutzen, um die eigene kreative Vision zu verwirklichen. Meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass es wichtig ist, sich mit neuen Entwicklungen auseinanderzusetzen und sie zu verstehen, anstatt sie aus Angst abzulehnen. So kann ich die Vorteile nutzen und gleichzeitig meine eigene künstlerische Identität bewahren. DOCMA: Abschließend: Was macht für dich den besonderen Reiz der hyperrealen Fotografie aus? Fabio Antenore: Es ist die Möglichkeit, die Welt so zu zeigen, wie ich sie in meinen Träumen sehe. Hyperreale Fotografie erlaubt es mir, die Grenzen zwischen Realität und Fantasie zu verwischen. Ich möchte Bilder erschaffen, die die Betrachter in eine magische Welt entführen und Emotionen wecken. Es geht darum, die Schönheit unserer Welt in ihrer perfekten Form einzufangen.