Größer – und viel schöner

Das Ausgangsbild oben links wurde im Januar 2023 mit Stable Diffusion generiert, Artefakte sind unübersehbar. Je höher man die Werte im Upscaler dreht, um so mehr Mängel verschwinden, das Bild wirkt deutlich realistischer – allerdings nimmt auch die Ähnlichkeit zum Original ab. Das Vergrößern von Pixelbildern hat seine Grenzen, erst KI kann für befriedigende Ergebnisse passende Details dazuerfinden. Das kann man als notwendiges Übel betrachten, aber auch als kreative Möglichkeit der Bildveränderung. | Doc Baumann Seit einigen Monaten freut sich die KI-Gemeinde der Bildgenerierer über die neuen, aber leider sehr teuren Möglichkeiten, die Magnific.ai zum Vergrößern bietet. Das Problem: KI-generierte Bilder sind, je nach System, relativ klein; ein 1024 × 1024-Pixel-Bild hat im Druck gerade mal eine Kantenlänge von 8,7 Zentimetern. Zwar lassen sich Pixelbilder auch mit Photoshop oder anderer Bildbearbeitungssoftware vergrößern, und Software wie die Topaz Photo AI skaliert schon länger mit KI-Unterstützung und liefert gute Ergebnisse. Wollen Sie aber zum Beispiel ein älteres KI-Werk auf diese Weise vergrößern, wird es nur größer, aber nicht besser. Das Dazuerfinden von Details galt bisher eher als Notlösung, kann aber, gezielt angewandt, auch kreativ genutzt werden. Vielen ist Magnific allerdings viel zu teuer; das Abo beginnt mit $ 39 im Monat und reicht bis $ 290 monatlich. Da muss man bei einer Alternative – deepdreamgenerator.com – die nur ein Viertel davon kostet (9 $ bis 99 $ im Monat), nicht lange überlegen, zumal hier eine komplette generative KI im Preis enthalten ist: Upscaler zum kreativen Vergrößern ist nur ein Bestandteil von Deep Dream Generator, neben Generieren, Inpainting und vielen Bildbearbeitungsfunktionen. Die Ergebnisse sind nicht ganz so differenziert wie bei Magnific, was aber nur in der direkten Gegenüberstellung auffällt. Mit passenden Parametern kann Upscaler Bilder einfach nur (bis zum Achtfachen) vergrößern und dabei leicht glätten. Richtig Spaß macht es aber erst dann, wenn man die Werte hochdreht und so die Vorlagen deutlich verändert. Probleme mit Persönlichkeitsrechten kann man nun vergessen, da ist dann niemand mehr zu erkennen. Ob alte oder neue KI-Ergebnisse oder Fotos – meist ist das neue Bild besser als das Original. Upscaler-Einstellungen Über das Feld oben laden Sie zunächst das Bild hoch, das vergrößert und gegebenenfalls modifiziert werden soll, darunter bestimmen Sie den Skalierungsfaktor. Vier Regler erlauben die Gewichtung von »Kreativität«, »Wiedererkennbarkeit«, »HDR« und »Stärke«. Unter »Modus« finden Sie die Varianten »Weich«, »Porträt«, das neue »Gesicht/Haut«, »Kunst/Realismus«, »Kunst/3D«, »Porträt/Realismus« sowie »High HDR«. Daneben bietet »Engine« die Wahl zwischen »Standard«, »Realismus«, »Porträt« und »Anime«. Foto mit Parameter-Varianten Anders als bei Filtern, bei denen man die Kombination der eingestellten Werte relativ klar an Ergebnissen zeigen kann, ist das bei KI wegen der Seeds nicht möglich. Deswegen spielen nicht nur alle oben genannten Faktoren eine Rolle – die Nennung der verwendeten Werte ist praktisch wenig hilfreich, um ihre jeweiligen Einflüsse nachvollziehen zu können. Interessant: Während hohe Werte für »Gesicht/Haut« bei den letzten Bildern der Reihe auf der gegenüberliegenden Seite die Personen immer fröhlich machen, werden sie hier zunehmend ernster (und ähnlicher). Und was die reduzierte Kleidung betrifft, zitiere ich völlig schuld- und promptlos den Buchtitel von Katharina Zweig: „Die KI war’s!“ Parameter »Gesicht/Haut« Während es KI in der Regel vermeidet, irgendwo nackte Haut vorkommen zu lassen, ist es bei der Wahl von »Gesicht/Haut« in vielen Fällen eher umgekehrt. Der Anfang 2022 mit Wombo erzeugte KI-Herkules (oben) ist nur zu erraten – mit extremen »Haut«-Werten des Upscalers von Deep Dream Generator bearbeitet (oben rechts), wird alles als Haut und Gesicht interpretiert, das auch nur halbwegs passen könnte. Das erinnert an den Ratschlag von Leonardo da Vinci in seinem Malerei-Traktat „Schau dir bestimmte Wände an, die von Feuchtigkeit befleckt sind, oder Steine von ungleichmäßiger Farbe. Willst du Hintergründe erfinden, wirst du dort die Ähnlichkeit mit göttlichen Landschaften erkennen können, geschmückt mit Bergen, Ruinen, Felsen, Wäldern, großen Ebenen, Hügeln und Tälern in großer Vielfalt; und so wirst du dort auch Schlachten und seltsame Figuren in gewalttätigen Auseinandersetzungen sehen, Gesichtsausdrücke und Kleidung und eine Unzahl von Dingen, die du dann auf ihre vollständigen und richtigen Formen reduzieren kannst.“ Die Entwicklung der KI zeigt sich an diesen beiden Bildern, die mit dem Prompt „sehr muskulöser Herkules“ generiert wurden – genau wie das ganz links oben im Januar 2022 mit Wombo. Die Figur links entstand mit Midjourney, aber nur Deep Dream Generator (rechts) war in der Lage, die Prompt-Elemente „Keule“ und „umgehängtes Löwenfell“ darzustellen. Skaliert und „verbessert“ (?) Mit sehr geringen Werten der Parameter ändert sich das Bild wenig – wird aber leicht geglättet und dabei „verbessert“, wie hier das Beispiel von Albrecht Dürers „Elisabeth Tucher“ aus der Kasseler Gemäldegalerie der Alten Meister zeigt (vielen wohl noch von den alten 20-DM-Scheinen vertraut). Alte KI-Bilder optimieren Auch diese drei Bilder wurden im Januar 2022 mit Wombo generiert, sind also gerade einmal zweieinhalb Jahre alt. Damals erschienen sie so beeindruckend wie heute die Resultate von Deep Dream Generator oder Midjourney – und auch die werden uns wahrscheinlich in zweieinhalb Jahren wohl weit weniger perfekt vorkommen als heute, gemessen an dem, was dann Standard sein wird. Die damals bei diesen Wombo-Bildern verwendeten Prompts habe ich leider nicht gespeichert. Aber darauf kommt es in diesem Zusammenhang auch nicht an. Ob man nun den Upscaler von Deep Dream Generator nach dem Hochladen des Bildes eine eigene Bildbeschreibung verfassen lässt oder ohne dieses Hilfsmittel fortfährt – die Ergebnisse zeigen eine deutliche Verbesserung und Ergänzung der Details. Wo im alten Bild nur vage Strukturen zu sehen sind – etwa das zentrale Dreieck oben –, findet sich nun eine differenzierte vergoldete Statue ostasiatischer Herkunft, darüber ein angedeutetes Kreuz, oben eine Jesus- oder Heiligenfigur. Im linken Bild erscheinen jetzt klare Felsformationen, Büsche und Gräser. Und natürlich sehen alle diese Details bei der Vorgabe anderer Parameter völlig anders aus, bei Bewahrung der Gesamtanmutung. Alte, kompositorisch gelungene, aber technisch unbefriedigende KI-Bilder lassen sich auf diese Weise doch noch sinnvoll verwenden. Klare Architektur Im Januar 2023 hatte ich das Bild oben links mit Deep Dream Generator erzeugt, der Prompt: »Piranesi’s Carceri, 1745, in the style of a modern photography«. Vieles erinnert tatsächlich an Piranesis Kupferstiche. Upscaler macht aus dem Gewusel nun klare Formen und Bauelemente. Im Bild oben erscheinen sogar Entlastungsbögen. Besonders interessant ist die Umsetzung links mit Extremwerten des Upscale-Modus »Gesicht/Haut«, wo ich wuchernde organische Formen erwartet hatte – stattdessen ist nun jede Vegetation verschwunden und die architektonische Gliederung sogar noch stringenter und schärfer (wenn auch weniger „piranesig“) geworden.