FAISHION

Yulia Reznikov entwickelt Bildstrecken für luxuriöse Modemarken. Teils mit Fotografie, aber zunehmend auch mit KI. Im Gespräch mit Christoph Künne erzählt sie von den neuen Workflows in diesem Metier. DOCMA: Wie kommt man zur Fashion-Fotografie? Yulia: Einen klassischen Weg dorthin gibt es eigentlich nicht. Die Grundvoraussetzung ist natürlich ein gesteigertes Interesse an Mode und Kleidung. Bei mir kam hinzu, dass ich an der Hochschule in Düsseldorf Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Fotografie studiert habe. In der Stadt gibt es eine Vielzahl von Mode-Akademien, deren Studenten regelmäßig Kollektionen entwerfen und diese dann präsentieren müssen. Dafür braucht man Bilder. Mein Einstieg in das Geschäft waren solche Projekte, die ich dann im Auftrag der Studenten umgesetzt habe. DOCMA: Hast du das von vornherein mit KI-Werkzeugen gemacht? Yulia: (lacht) Nein, als ich damit vor neun Jahren anfing, gab es ja noch keine Bilder-KI. Das waren ganz konventionelle Fotos, mit Photoshop nachbearbeitet. KI habe ich für meine Projekte erst Mitte letzten Jahres entdeckt, als Midjourney in der Version 4 verfügbar war und die Bilder fotorealistisch wurden. Ich hatte zunächst gar nicht die Absicht, damit die Motive selbst zu gestalten, sondern nur Moodboards. Ob Klebriges aus dem 3D-Drucker oder eiskalte Accessoires: KI-Models stören solche Zumutungen nicht. DOCMA: Das sind doch aber eigentlich Sammlungen von Bildern, Farben und allem Möglichen, das man aus Medienversatzstücken zusammencollagiert? Yulia: Schon. Aber die Idee dahinter ist ja, einen bestimmten Stil oder eine bestimmte Stimmung eines Projekts hervorzurufen oder darzustellen. Wenn ich da im Vorfeld schon klare Vorstellungen habe und diese in Worte fassen kann, muss ich nicht unbedingt Bilder aus Magazinen von anderen Kreativen nutzen, sondern kann mithilfe der KI viel besser auf den Punkt arbeiten. DOCMA: Du hast die Bilder-KI also erst einmal zum Zeitsparen eingesetzt? Yulia: Ja, das war die Ursprungsidee. Aber inzwischen habe ich manchmal den Eindruck, fotografieren ginge bei vielen Projekten schneller. Das stimmt allerdings nur, wenn man die aufwendige Planung und die Abstimmungen mit allen Beteiligten bei so einem Photoshooting nicht berücksichtigt. DOCMA: Wenn man dein Portfolio durchschaut, sieht man viel High Fashion. Wie kommst du zu solchen Kunden aus dem Luxussegment? Yulia: Ich kooperiere derzeit mit zwei Agenturen: Yesweprompt aus Berlin und AI Productions in Mailand. Bei Yesweprompt sind es eher Editorial-Produktionen, die ich dann allein bearbeite. Bei AI Productions sind wir ein größeres Team mit Spezialisten für 3D, Photoshop, Fotografie, Video und KI. Entsprechend sind die Aufträge dann auch umfangreicher, oft sind es ganze Kampagnen. DOCMA: Was genau ist dann dein Job? Yulia: Das ist sehr unterschiedlich. Nehmen wir zunächst mal ein typisches Editorial. In so einem Fall kommt am Ende eine farblich und inhaltlich homogene Bildstrecke heraus, die vom Auftraggeber an Modemagazine weitergegeben wird. Ich entwickle dafür zunächst einen zum Kunden und zu seiner Botschaft passenden Charakter. Also eine KI-Person. Dann nutze ich die, um mit ihr eine Geschichte in Bildern zu erzählen. Das farbliche Finish entsteht in Photoshop. Im Grunde ist die Arbeit wie mit einem menschlichen Model, wenn man in einer visuell sehr interessanten Location arbeitet. Nur ohne Reisen, ohne Modelscouting und ohne die ganze Licht- und Fototechnik. Künstliche Bildstimmungen, gerne auch mit surrealen Anleihen, sind prädestiniert für KI-Modeprojekte. DOCMA: Nach meiner Erfahrung ist es meist unpräzise, wenn man versucht, mit Midjourney nach ganz konkreten Vorgaben zu prompten. Wie gehst du damit um? Yulia: Mit dem Character-Feature der Version 6 lassen sich solche Ideen schon recht gut verwirklichen. Aber du hast recht: Präzise ist das noch nicht. Die Charaktere erinnern eher an Schauspieler, die man in leicht unterschiedlichen Rollen sieht, noch nicht an eine immer identische Person. Aber das ist allen Beteiligten klar und wird akzeptiert. DOCMA: Sind deine Kunden bei den kommerziellen Projekten auch so entspannt? Yulia: Nein, da ist es ganz anders. Es geht weniger um Stimmungen und Anmutungen, sondern um Präzision bei der Darstellung der Mode. Aber genau dafür sind die Teams ja da: Gepromptet wird hier meist nur der Charakter in unterschiedlichsten Posen, Hintergründe entstehen öfter noch in 3D und die Kleidung wird für die Posen passend fotografiert. Dann kommen meist auch noch Videos ins Spiel, doch da ist die KI noch weit davon entfernt, direkt einsetzbare Ergebnisse zu liefern. DOCMA: Wie schätzt du die zukünftige Entwicklung der Fashion-Fotografie ein? Yulia: Vermutlich werden solche KI-basierten Produktionen bald Standard sein. Schon aus Kostengründen. Aber ich glaube, die Aufteilung in Jobs für Allrounder und solche für Teams mit mehreren Spezialisten wird noch länger so bleiben. DOCMA: Yulia, vielen Dank für diese Einblicke in die aktuelle Praxis KI-gestützter Bildproduktion. Yulia Reznikov Schon während ihres Zweitstudiums im Fach Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Fotografie gelang Yulia vor neun Jahren in Düsseldorf der Einstieg in die Fashion-Fotografie. Inzwischen lebt sie in Berlin und entwickelt freiberuflich Bildstrecken für luxuriöse Modemarken. Mehr: www.yesweprompt.de/yuliareznikov