Sonnar- und Biogon-Objektive waren zu ihrer Zeit einzigartig. Die Namen finden sich noch immer im Zeiss-Programm. Ihre Grundlagen errechnete Ludwig Bertele in den 1930er Jahren für Zeiss-Ikon. Bereits 1924 war sein berühmtes Ernostar 85/1.8 auf den Markt gekommen. Doch der Name Bertele ist kaum bekannt.
Der 1900 geborene Bertele begann mit 16 Jahren eine Lehre als Optik-Rechner bei Rodenstock in München. Sein in Dresden bei Ernemann berechnetes Ernostar 1,8/85 ermöglichte mit der handlichen Ermanox-Kamera Freihandaufnahmen bei schlechten Lichtverhältnissen ohne Blitz. Für Aufsehen sorgten Aufnahmen von Hans Böhm in Wiener Theatern. Die virtuosen Bilder des Pressefotografen Erich Salomon erlangten Weltruhm, veränderten den Fotojournalismus und gehören heute zur Sammlung der Berlinischen Galerie.
Das für seine Zeit ungewöhnliche Ernostar-Design erzielte eine außerordentliche Abbildungsqualität: ausgeprägte Mittenschärfe, Randschärfe bis in die Ecken, kaum Verzeichnung und wenig Vignettierung. Zudem war es kompakt und einfach herzustellen. Bertele entwickelte es auf der Suche nach Einsichten in das Zusammenwirken der Komponenten einer optischen Konstruktion, die keineswegs der vorherrschenden Lehrmeinung entsprachen. Die Konstruktion und Berechnung des Objektivs beschrieb er 1926 in der Zeitschrift für wissenschaftliche Photographie ausführlich.
1945 flüchtete Bertele mit seiner Familie aus dem zerstörten Dresden und nahm im Jahr darauf ein Angebot der Wild AG in der Schweiz an. Dort entwickelte er die legendären Luftbildobjektive Aviotar, Aviogon und Superaviogon, ab 1959 mit Unterstützung eines Zuse-Z22-Computers. Für das in Ulm neu gegründete Unternehmen von Albert Schacht, ebenfalls Zeiss-Ikon-Veteran, berechnete er die meisten Foto-Optiken.
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