Eine Attraktion weniger: MiG-21 verkauft
Gut 20 Jahre zog die ausgemusterte MiG-21 am Zugang zum Flugplatz Peenemünde Besucher an. Einige entdeckten sie zufällig im Urlaub, andere suchten sie gezielt aus unterschiedlichen Motiven auf. Inzwischen fehlt der Hingucker. Er wurde verkauft, zerlegt und per Tieflader nach Bayern transportiert.
Seit ich auf Usedom wohne, avancierte die alte MiG zu meinem Lieblingsmodell. Wenn Licht und Wetter vielversprechend schienen, war sie in wenigen Minuten erreichbar. Beim Fotografieren ergaben sich überraschende Dialoge mit Besuchern aus England oder USA. Sie folgten den Spuren ihrer Großväter, die im 2. Weltkrieg „Rocket City“ bombardiert hatten. Auch mit ehemaligen NVA-Piloten, die mal hier stationiert waren, kam ich ins Gespräch.
Aus den Alltag eines MiG-Piloten
Diese MiG-21 war eine von mehreren Schulmaschinen, auf der Piloten in Peenemünde unter Aufsicht eines Fluglehrers regelmäßig Trainings- und Ausbildungsflüge unter verschiedensten Bedingungen absolvierten. Bei der Übung „Verhangene Kabine“ steuerte der Fluglehrer nach dem Start eine Art Vorhang, der dem Piloten die Sicht nach außen nahm. Dieser hatte dann über seine Instrumente schnellstmöglich die Orientierung wieder herzustellen. Beim „Ausleiten aus komplizierten Fluglagen“ musste der Pilot beispielsweise die Maschine in Rückenlage vom Fluglehrer übernehmen und in eine normale Fluglage bringen – fehlerfrei und innerhalb einer vorgegebenen Zeit.
Wer kauft eine alte MiG-21?
Die am 27. 9. 1968 in Dienst gestellte Maschine mit der Kennung 230 wurde Ende der 1970er Jahre nach Rothenburg/Sachsen überführt und später ausgemustert. 2001 kaufte sie Joachim Saathoff und transportierte das Flugzeug wieder nach Peenemünde. Zerlegen und wieder aufstellen dauerte je einen Tag, erinnert sich Saathoff, der Zugriff auf beeindruckend viele Details des Flugzeugs hat. Der Ingenieur war hier während seiner Dienstzeit mit seinem Team verantwortlich für die Wartung von sieben Maschinen und wertete auch die auf Film aufgezeichneten Flugdaten aus. Die alte MiG sollte als Blickfang innerhalb eines Museums- und Gastronomie-Konzepts auf dem ehemaligen Flugplatz dienen. Die Idee war erfolgreich – bis sich die Grundbesitzverhältnisse änderten. Zunächst musste das Museum umziehen, letztlich wurde auch der Stellplatz fürs Flugzeug eingefordert. Die Museumsexponate fanden auf dem nahegelegenen Müggenhof eine neue Umgebung. Von dort startet Saathoff jetzt seine historischen Rundfahrten durch das Peenemünder Sperrgebiet. Nur seine MiG ließ sich nicht einfach ein paar Kilometer über die Straße zum neuen Standort schleppen. Sie fand einen neuen Besitzer in Bayern, der sich auch um die anstehende Restaurierung kümmern wird.