Altglas

Eine Attraktion weniger: MiG-21 verkauft

Gut 20 Jahre zog die ausgemusterte MiG-21 am Zugang zum Flugplatz Peenemünde Besucher an. Einige entdeckten sie zufällig im Urlaub, andere suchten sie gezielt aus unterschiedlichen Motiven auf. Inzwischen fehlt der Hingucker. Er wurde verkauft, zerlegt und per Tieflader nach Bayern transportiert.

Mig-21.
Diese MiG-21 war seit 2001 auf dem Flugplatz Peenemünde auf Usedom ausgestellt. Die zweisitzige Schulmaschine wurde hier bis Ende der 1970er Jahre zum Piloten-Training eingesetzt (Sun Zoom 85-205/4.5).

Seit ich auf Usedom wohne, avancierte die alte MiG zu meinem Lieblingsmodell. Wenn Licht und Wetter vielversprechend schienen, war sie in wenigen Minuten erreichbar. Beim Fotografieren ergaben sich überraschende Dialoge mit Besuchern aus England oder USA. Sie folgten den Spuren ihrer Großväter, die im 2. Weltkrieg „Rocket City“ bombardiert hatten. Auch mit ehemaligen NVA-Piloten, die mal hier stationiert waren, kam ich ins Gespräch.

Pentax 105. Eine Attraktion weniger: MiG-21 verkauft
Je nach Licht und Wetter boten sich rund um das alte Flugzeug immer neue Blickwinkel (Pentax 105/2.8).
Takumar 55. Eine Attraktion weniger: MiG-21 verkauft
Zwei fest installierte Leitern ermöglichten zusätzliche Perspektiven (Takumar 55/1.8).

Aus den Alltag eines MiG-Piloten

Diese MiG-21 war eine von mehreren Schulmaschinen, auf der Piloten in Peenemünde unter Aufsicht eines Fluglehrers regelmäßig Trainings- und Ausbildungsflüge unter verschiedensten Bedingungen absolvierten. Bei der Übung „Verhangene Kabine“ steuerte der Fluglehrer nach dem Start eine Art Vorhang, der dem Piloten die Sicht nach außen nahm. Dieser hatte dann über seine Instrumente schnellstmöglich die Orientierung wieder herzustellen. Beim „Ausleiten aus komplizierten Fluglagen“ musste der Pilot beispielsweise die Maschine in Rückenlage vom Fluglehrer übernehmen und in eine normale Fluglage bringen – fehlerfrei und innerhalb einer vorgegebenen Zeit.

Mig-Pilot. Eine Attraktion weniger: MiG-21 verkauft
Jörg Kulisch war Pilot in Peenemünde. Seine Flugbücher verzeichnen 1212 Flugstunden für die Zeit von 1977 bis 1990. Auch er absolvierte viele seiner Trainingsflüge auf dieser MiG-21 (J. Kulisch).
MIG Cockpit. Eine Attraktion weniger: MiG-21 verkauft
Blick ins Cockpit des Piloten der zweisitzigen MiG-21-Schulmaschine (Micro-Nikkor 55/2.8).
Flugbuch und Karten
Im Flugbuch hat Jörg Kulisch seine Flüge akribisch aufgezeichnet. Das Knie-Planschett (rechts), eine flache Metallschachtel mit Notfallinformationen, wurde während des Fluges angeschnallt auf dem Oberschenkel mitgeführt. Die untere Karte zeigt die in der Umgebung von Usedom damals möglichen Strecken für Unter- und Überschallflüge.

Wer kauft eine alte MiG-21?

Die am 27. 9. 1968 in Dienst gestellte Maschine mit der Kennung 230 wurde Ende der 1970er Jahre nach Rothenburg/Sachsen überführt und später ausgemustert. 2001 kaufte sie Joachim Saathoff und transportierte das Flugzeug wieder nach Peenemünde. Zerlegen und wieder aufstellen dauerte je einen Tag, erinnert sich Saathoff, der Zugriff auf beeindruckend viele Details des Flugzeugs hat. Der Ingenieur war hier während seiner Dienstzeit mit seinem Team verantwortlich für die Wartung von sieben Maschinen und wertete auch die auf Film aufgezeichneten Flugdaten aus. Die alte MiG sollte als Blickfang innerhalb eines Museums- und Gastronomie-Konzepts auf dem ehemaligen Flugplatz dienen. Die Idee war erfolgreich – bis sich die Grundbesitzverhältnisse änderten. Zunächst musste das Museum umziehen, letztlich wurde auch der Stellplatz fürs Flugzeug eingefordert. Die Museumsexponate fanden auf dem nahegelegenen Müggenhof eine neue Umgebung. Von dort startet Saathoff jetzt seine historischen Rundfahrten durch das Peenemünder Sperrgebiet. Nur seine MiG ließ sich nicht einfach ein paar Kilometer über die Straße zum neuen Standort schleppen. Sie fand einen neuen Besitzer in Bayern, der sich auch um die anstehende Restaurierung kümmern wird.

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Zerlegt und transportfertig gesichert auf einem Tieflader, der sonst für Bootstransporte eingesetzt wird (Micro-Nikkor 105/4).
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Die MiG und ihre Einzelteile wirken auf dem LKW fast filigran – und auf dem weitläufigen, ehemaligen Flugplatz ein wenig verloren (Nikon 20/2.8).
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Der Transport nach Bayern startete Sonntagabend um 22 Uhr (Nikon 20/2.8).
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Bernd Kieckhöfel

Bernd Kieckhöfel hat einige Jahre für eine lokale Zeitung gearbeitet und eine Reihe von Fachartikeln zur Mitarbeiterführung veröffentlicht. Seit 2014 schreibt er für Fotoespresso, DOCMA, FotoMagazin sowie c't Digitale Fotografie.

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