Der Deakinizer-Effekt und das Pentacon 29
Der Kameramann Roger Deakins überraschte 2005 in „The Assassination of Jesse James“ mit ungewöhnlichen Szenenwechseln. Für die Effekte ließ er Objektive umbauen, der Begriff „Deakinizer-Lens“ etablierte sich in der Filmwelt und markierte möglicherweise den Beginn professionellen Moddings. Attribute wie dreamy, spotfokus, zoomblur und teardrop-bokeh charakterisierten einen Look, der heute auch in öffentlich-rechtlichen TV-Produktionen zu sehen ist.
Ob Deakins vom im Jahr zuvor in Las Vegas präsentierten Lensbaby inspiriert war, ist nicht bekannt. Es landete einen Überraschungserfolg, Vergleiche wie „Holga on Steroids“ und „Digital Diana“, bezogen sich auf die gleichnamigen Objektive analoger Toy-Kameras, und versuchten die Bildwirkung zu verorten.
Mutation zum Modding-Hit
Erstaunlich viele dieser Eigenschaften offeriert ein Pentacon 29/2.8 Weitwinkelobjektiv: wenn man die Frontlinse ausbaut und umgedreht wieder einsetzt. Schlichter formuliert gleicht dieser Look der Wahrnehmung, wie sie nach überreichlichem Alkoholkonsum entstehen kann: mittig scharfes Sehen, ansonsten schwer verschwommen. Treffsicheres Fokussieren ist deutlich einfacher als mit einem Tilt-Objektiv wie dem Lensbaby oder der Squeezerlens. Der M42-Anschluss macht das Objektiv komfortabel adaptierbar. Die einst produzierte hohe Auflage garantiert ein großes Angebot zu moderaten Preisen.
Egal für welches Objektiv man sich entscheidet, allein durch die Begeisterung für seine Abbildungsfehler entstehen nicht notwendigerweise sehenswerte Bilder. Letztlich hat Roger Deakins nur wenige Szenenwechsel mit seinem Deakinizer gestaltet. Darüber hinaus werden Randeffekte und Bokeh im Bewegtbild des Films weniger prägnant wahrgenommen, während sie auf dem Foto deutlich dominierter erscheinen. Die Erfahrung zeigt, dass Effekte nur des Effekts wegen schnell langweilig werden. Karl Valentin würde seinen Spott heute vielleicht so ausdrücken: Bekanntermaßen ist ja bereits alles fotografiert worden – nur noch nicht mit jedem Objektiv.
Wer ein Standard-Zoom-Objektiv besitzt, und kein Objektiv umbauen möchte, kann einen sehr ähnlichen Effekt auch mit einer etwas längeren Belichtungszeit und Zoomen während der Belichtung erzielen.
Ja, der Effekt ist ähnlich. Er entsteht aber aus der Bewegung (des Zoom), während mit Modding-Objektiven wie gewohnt fokussiert und kompiert wird.