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Der Mythos von Mittelformat-Objektiven

Um die optischen Leistungen von Mittelformat-Objektiven ranken sich Mythen, häufig wird ihnen eine besonders hohe Auflösung unterstellt. Was nicht unbedingt zutreffen muss, denn verglichen mit einem Kleinbildnegativ bleibt die Vergrößerung eines Mittelformatnegativs relativ gering und bietet dabei gute Ergebnisse. Technisch funktioniert die Adaption von Mittelformat-Objektiven. Ihr Auflagemaß liegt bei 60 bis 100 Millimeter und lässt viel Raum für Adapter. Was ist dran am Mythos von Mittelformat-Objektiven?

Der Mythos von Mittelformat-Objektiven

Betrachtet man Standardobjektive 80/2.8 zur Pentacon-Six aus DDR-Produktion genauer, dann fällt auf, dass Tessar und Priomotar E mit vier Linsen in drei Gruppen auskommen. Ein Biometar begnügt sich mit einer 5/4 Konstruktion. Das Volna aus der UdSSR setzt auf ein bewährtes 6/5 Design. Dem Xenotar von Schneider-Kreuznach aus westdeutscher Produktion spendierte man sieben Linsen in fünf Gruppen. Da meine Kiev60 viel im Schrank stand, reizte es mich, das Biometar 80/2.8 an der D700 auszuprobieren. Der Tilt-Adapter lockte mit zusätzlichen Optionen. Dieser und weitere Adapter finden sich hier.

Nikon D700 Mittelformatobjektiv. Der Mythos von Mittelformat-Objektiven
Größe und Gewicht adaptierter Mittelformatobjektive harmonieren mit Vollformat-Spiegelreflexkameras besser als mit zierlichen Gehäusen spiegelloser Systemkameras.

Direkte Vergleiche

Einen quadratischen Mittelformatabzug im Format 30 x 30 cm mit einem rechteckigen Kleinbild-Abzug zu vergleichen ist müßig. Die Bildwirkung ist so unterschiedlich, dass Schärfe nur noch eine untergeordnete Rolle spielt – auch wenn die digitale Kleinbildaufnahme in der 100 Prozent Ansicht am Bildschirm haushoch überlegen bleibt. Doch das sollte nicht der Maßstab sein, wenn man Freude an seinen Bildern haben möchte.

Mittelformat analog. Der Mythos von Mittelformat-Objektiven
Der Spaßfaktor im Umgang mit der archaischen Kiev 60 und 80er Zeiss Biometar ist hoch. Und selbst ein kleiner Abzug im Format 30 x 30 cm hat seine ganz eigene Ästhetik.
Nikon D700 Biometar Tilt. Der Mythos von Mittelformat-Objektiven
Auf die Schrift des Hydranten ließ sich im optischen Sucher relativ genau fokussieren. Doch abgesehen von Zufallstreffern blieb die Freude an der Kombination von Nikon D700, Tilt-Adapter und Biometar gering.

Der Mythos von Mittelformat-Objektiven:
Mein Fazit

Die Tilt-Funktion am Nikon-Kiev-Adapter erwies sich als Hindernislauf. Größtes Manko war das kleine Sucherbild zur Beurteilung des Schärfeverlaufs. Auch mit LiveView wurde es kaum besser. Dass die Belichtungsmessung nur im manuellen Modus funktioniert, bleibt verschmerzbar. Mit etwas Übung lassen sich „nette Effekte“ erzielen – überzeugen konnte mich dieser Ausflug nicht. Hinzu kommt, dass Gewicht und Proportionen je nach Brennweite der Mittelformat-Objektive an Digitalkameras nicht besonders stimmig sind. An ausgewachsenen Spiegelreflexkameras mag die Balance noch hinkommen. Am vergleichsweise zierlichen Gehäuse eine Sony A7 oder Nikon Z6 wird die Kombination kopflastig und bietet wenig Halt für die Hände. Der Spaßfaktor mit der Kiev60 und einem Objektiv ist deutlich höher.

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Bernd Kieckhöfel

Bernd Kieckhöfel hat einige Jahre für eine lokale Zeitung gearbeitet und eine Reihe von Fachartikeln zur Mitarbeiterführung veröffentlicht. Seit 2014 schreibt er für Fotoespresso, DOCMA, FotoMagazin sowie c't Digitale Fotografie.

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