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Porträtfotografie

Porträtfotografie

Von Sachbüchern erhofft sich der Leser Antworten auf konkrete Fragen. In dieser Reihe befragt Michael J. Hußmann Fach­bücher darauf, welche Antworten sie ge­ben können. Das Buch „Porträtfotografie“ gibt einen Überblick zu allen Aspekten der Foto­grafie, in deren Mittelpunkt der Mensch in seiner Individualität steht.

Die Porträtfotografie ist ein weites Feld, das sich mit anderen Genres wie der People-, Beauty- und auch der Hochzeitsfotografie überlappt. Für ihr Buch „Porträtfotografie – Der große Fotokurs“ hat sich die Autorin Mari­­on Hogl für eine umfassende Interpretation entschieden. Zu ihren Themen gehört jegliche Fotografie, als deren Motiv der individuelle Mensch im Mittelpunkt steht.

Ein Werk von 365 Seiten liest man nicht unbedingt von vorne bis hinten durch, aber so ist „Porträtfotografie“ auch nicht angelegt. In 11 Kapiteln und einem Anhang behandelt Marion Hogl Subgenres wie das klassische oder das Charak­terporträt, Motive wie Kinder oder Gruppen, sowie Aufnahme­situationen von Festen und Veranstaltungen bis hin zum Studio. Jedes Kapitel schließt mit einem Workshop ab, um den Inhalt praktisch umzusetzen. Die einzelnen Kapitel gliedern sich in abgeschlossene Abschnitte auf je einer Doppelseite. Damit wird es möglich, das Buch als Nachschlagewerk zu nutzen, um sich Ideen und Anregungen zu den Fragen zu holen, die sich einem gerade stellen. Wir befragen das Buch, und es antwortet mit der Stimme seiner Autorin.

Wie führt man als Fotograf Regie?

Wenn Sie nicht gerade Schnappschüsse machen oder bewusst unbemerkt fotografieren möchten, haben Sie für Ihre Aufnahmen sicher eine besondere Pose im Kopf. Ihr Modell kann aber nur wissen, was Sie von ihm erwarten, wenn Sie klare und deutliche Anweisungen geben.

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Soll Ihr Modell in eine ganz bestimmte Richtung blicken, bitten Sie es einfach, Ihrer Fingerspitze mit den Augen zu folgen.

Denken Sie daran, dass das Modell im Normalfall spiegel­verkehrt zu Ihnen steht und deshalb Ihr Links ein Rechts für das Gegenüber ist. Gleiches gilt für „vorn“ und „hinten“. Sagen Sie daher statt „das vordere/hintere Bein“ besser „das Bein, das der Kamera näher ist“. Unterstreichen Sie Richtungsanweisungen mit Gesten und zeigen Sie mit der Hand dorthin. Möchten Sie, dass das Modell in eine bestimmte Richtung blickt, geben Sie Anweisungen wie „Schau auf meinen Finger“ oder „… in die Kamera“. Wenn Ihr Modell nicht sofort versteht, welche Pose Sie sich vorstellen, machen Sie sie selbst vor.

Vermeiden Sie negative Aussagen wie „So siehst du dick aus“, „So wirkst du klein“ oder „Das lässt dich alt wirken“. Sagen Sie beispielsweise: „So kommen deine tollen Augen noch besser zur Geltung“, „du wirkst schlanker“ oder „Diese Pose schmeichelt dir“. Sparen Sie nicht mit Lob, denn in einer positiven Atmosphäre fühlt sich Ihr Modell wohler und automatisch werden auch die Bilder besser. Geben Sie kontinuierlich Feedback, denn Ihr Modell kann nicht wissen, ob eine Pose besonders gut aussieht oder nicht.

Lassen Sie Ihr Modell ruhig selbst Vorschläge machen und Posen anbieten. Ganz wichtig: Lassen Sie die Person in ihrer Persönlichkeit bestehen, und versuchen Sie nicht, beispielsweise aus einem sanften, schüchternen Menschen eine arrogante oder dominante Person zu machen.

Was ist die „Amerikanische Einstellung“?

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Ein Beispiel für die amerikanische Einstellung – hier ohne Colt.

In dieser oft in Westernfilmen genutzten Einstellung sind nicht nur Kopf und Brust des Modells zu sehen, sondern auch dessen Hüfte. Damit der Revolver als wichtigstes Detail bei Szenen wie einem Duell mit im Bild war, mussten die Darsteller bis unterhalb der Hüfte gezeigt werden.

Wenn Sie die „Amerikanische Einstellung“ nutzen, sind folglich in jedem Bild auch Arme und Hände zu sehen. Vor allem Menschen, die unsicher sind, neigen zu einer verkrampften Haltung der Hände oder ballen sie sogar zu einer Faust. Dann ist es hilfreich, wenn Sie Ihrem Modell etwas in die Hand geben, an dem es sich „festhalten“ kann, wie einen Stift oder einen Schal. Alternativ kann das Modell die Hände auch lässig in die Hosen- oder Jackentaschen stecken.

 

Wie fängt man Emotionen im Bild ein?

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Die junge Frau schrie tatsächlich aus Leibeskräften; deshalb wirkt der Gesichtsausdruck überzeugend.

Jedes Porträt drückt ein gewisses Maß an Gefühl aus. Wird dieses aber zum primären Motiv, sprechen wir von einem emotionalen Porträt. Die Gefühle müssen nicht unbedingt positiv sein, auch Traurigkeit, Zorn oder Melancholie können den Betrachter in ihren Bann ziehen. Ein hemmungsloser Lachanfall, eine weinende, gerührte Braut, ein bockiges Kind – das sind Aufnahmen, die nach Jahren noch bewegen.

Möchten Sie echte und große Emotionen einfangen, müssen Sie als Fotograf im Hintergrund bleiben. Bei gestellten Bildern sollten Sie Ihrem Modell dabei helfen, die Gefühle zu empfinden und nicht nur zu simulieren. Nur echte Gefühle wirken im Bild authentisch. Helfen Sie Ihrem Modell in die gewünschte Gefühlssituation hinein, bringen Sie es zum Lachen, oder beschreiben Sie eine Situation, die das Modell in Zorn versetzen kann. Lassen Sie Ihr Modell ruhig richtig laut sein – ein tonloser Wutschrei wird auch auf dem Foto wenig überzeugend sein.

Marion Hogl: Porträtfotografie –
Der große Fotokurs
Rheinwerk Verlag, 2019
365 Seiten, gebunden
39,90 Euro
www.rheinwerk-verlag.de/4859

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Michael J. Hußmann

Michael J. Hußmann gilt als führender Experte für die Technik von Kameras und Objektiven im deutschsprachigen Raum. Er hat Informatik und Linguistik studiert und für einige Jahre als Wissenschaftler im Bereich der Künstlichen Intelligenz gearbeitet.

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