Photoshopper – eine angemessene Bezeichnung?
Immer mal wieder verwenden wir in DOCMA die Bezeichnung „Photoshopper“. Nicht jeder fühlt sich damit wohl. Geht es nur um Photoshop-Anwender/innen, ist das Wort wohl ganz treffend. Aber nun erhielten wir die Mail eines Retuscheurs, der vehement gegen diese Benennung protestiert. Lesen Sie den kurzen Mail-Wechsel zwischen Georg und Doc Baumann – und schreiben Sie uns, wie Sie es mit dem Begriff „Photoshopper“ halten.
Liebes DOCMA-Team,
bitte hört auf, uns Retuscheure oder Bildbearbeiter „Photoshopper“ zu nennen. Wir sind einfach Retuscheure oder Bildbearbeiter oder Post Operator. Ihr nennt einen Zimmermann doch auch nicht Hammerer oder Säger? Einen Chirurgen einen Skalpeller?
Dieser Begriff „Photoshopper“ ist einfach nur infantil und nervig und reduziert unseren Beruf auf alberne Weise auf eines der Werkzeuge.
Photoshop ist eben „nur“ das Werkzeug und nicht der gesamte Beruf. Zum Beruf gehört noch viel Erfahrung, Wissen über Drucktechnik, ein gutes Auge und noch weitere Dinge. Eben mehr als nur das Werkzeug … Ansonsten ist euer Magazin schön zu lesen.
Vielen Dank
Euer Georg
Retuscheur
Doc Baumanns Antwort
Lieber Georg, vielen Dank für Deine Mail. Einerseits verstehe ich Dein Unwohlsein ja durchaus – zumal wir beispielsweise auch nicht von Lightroomern sprechen und schreiben. Und als Autor würde ich mich auch nur ungern Worder nennen lassen, oder, weil ich meine Recherchen in einer Datenbank verwalte, Exceller. Andererseits haben wir den Begriff nicht erfunden, bei Google findest Du knapp eine Million Treffer dazu; oder speziell bei Wiktionary. Immerhin ist er der kleinste gemeinsame Nenner unserer Leser/innen. (Mit der (Selbst-)bezeichnung Digital Artist zum Beispiel hätte ich bei meinem Kunstverständnis bei vielen Leuten doch echte Probleme). Ein Röntgenologe zum Beispiel kann ja auch mehr, als die seinerzeit von Konrad Röntgen entdeckten Strahlen zu handhaben, oder, um in unserem Bereich zu bleiben, ein Grafiker ist nach der griechischen Wurzel schlicht ein Schreiber oder Zeichner und ein Fotograf ein Licht-Zeichner, was den meisten für die Bezeichnung ihrer Tätigkeit auch ein bisschen wenig wäre. Minister verstehen sich kaum noch als „Diener“ oder „Gehilfen“, ebenso wenig wie Ingenieure als „Kriegsbaumeister“. Und schließlich, wenn man Dich als Retuscheur als jemanden beschreiben würde, der ein Bild „noch einmal berührt“, so wäre das zwar von der Wortgeschichte her völlig korrekt, aber Du würdest Dich damit sicherlich auch nicht angemessen gewürdigt fühlen. Mit anderen Worten: Berufsbezeichnungen haben oft eine merkwürdige etymologische Geschichte, und die Benennung nach dem zentral verwendeten Werkzeug ist nicht die schlechteste. Wie wir alle wissen – und ich als Autor der „Bildkritik“ besonders – ist die Beherrschung unseres Metiers weit mehr, als die Programmfunktionen von Photoshop auswendig zu können. Wie die Bildkritiken leider immer wieder beweisen, sind selbst manche hochbezahlten Leute in Agenturen oder Freiberufler zu nicht sehr viel mehr in der Lage – unfähig, mit Perspektive, Licht und Schatten, Schärfe usw. professionell umzugehen. Aber noch mal: Ich verstehe Dein Unbehagen bei diesem Begriff trotzdem gut und verwende ihn selber nur in Ausnahmefällen. Wie gesagt, als angemessenen kleinsten gemeinsamen Nenner der DOCMA-Leser/innen, der tatsächlich auf nicht mehr verweist als auf den Gebrauch desselben Werkzeugs durch alle. Deswegen steht ja oben auch groß Photoshop auf dem Cover und die erklärenden Tätigkeitsbereiche kleiner drunter. Auf jeden Fall sollten wir Deine Zuschrift zum Anlass nehmen, über den Gebrauch von „Photoshopper“ besser nachzudenken, bevor wir ihn verwenden, und jeweils überlegen, ob er für das, was wir meinen, wirklich der am besten geeignete Ausdruck ist. Viele Grüße Doc Baumann
Foodooschobbää und diggä Dingää |
Hallo Doc Baumann,
vielen Dank für die ausführliche Antwort. Du hast in allen Punkten ja auch ziemlich recht.
Mir ist auch bewusst, dass der Begriff nicht von euch in die Welt gesetzt wurde. Nur habt ihr als Fachmagazin ja auch eine gewisse Aufklärungs- und Vorbildfunktion. Wenn ihr den Begriff neben diversen YouTubern auch noch helft zu zementieren, dann weiß bald gar keiner mehr mit dem Begriff des Bildretuscheurs etwas anzufangen.
Zumal der Klang dieses Wortes, besonders wenn von einem waschechten Barmbeker ausgesprochen, sich auch so richtig schön billig anhört.
Ungefähr so: „Säch maa, du biss doch auch soon Footooschobbäär, odä? Kanns nich mal meiner Olln paar diggä Dingää värpassn?“ 😉 Damit meint der Barmbeker: „Du hast doch so ein Programm, da musst du gar nichts können, nur einen Knopf drücken, und meine Frau sieht auf dem Bild aus wie die Pamela Anderson zu besten Zeiten.“
Ich bin jetzt nicht tödlich beleidigt, wenn ihr den Begriff ab und an benutzt, aber es nervt eben schon etwas auf den Besitz einer Photoshop-Lizenz reduziert zu werden.
Irgendwie sind nämlich viele Laien der Auffassung, das Programm könne fast alles ganz alleine …
Vielen Dank und viele Grüße
Georg
Foodooschobbää – 😉
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Und wie halten Sie’s als Photoshopper mit diesem Wort
Wunderbar, alle haben recht! Georg hat recht, und ich auch. Das ist erfreulich und doch etwas unbefriedigend. Einen „richtigen“ Gebrauch des Begriffes gibt es nun mal nicht – in einem Fall mag er mehr oder weniger angemessen sein, im anderen nicht.
Man liest im Web ja durchaus Stellenangebote wie diese: „Zur Unterstützung unseres Medienproduktionsteams suchen wir einen engagierten Photoshopper mit Erfahrung in High-End Bildbearbeitung …“ oder diese: „Freelancer Ich Suche Nach Einem Photoshopper“.
Aber wie halten Sie persönlich es mit dieser Bezeichnung? Fühlen Sie sich dadurch gut gekennzeichnet (sofern Sie selbst Photoshopp…, äh, Photoshop-Anwender/in sind?) Oder halten Sie’s eher mit Georg, der das Wort meist infantil und nervig findet? Wir sind gespannt!
Erstens finde ich das als „Photoshopper“ genannt zu werden treffender und netter wie „Retuscheur“.
Zweitens bin ich sicher dass keine Laien oder ganz ganz wenige die Docma lesen…
Und die Merheit unserer Mitbürger/innen können mit der Titulierung „Retuscheur“ nichts anfangen.
Schöne Grüße aus dem Westerwald
Was macht ein Cash Relation Officer, ein Media Distribution Officer und ein Revenue Protection Officer? Die Süddeutsche Zeitung erläutert die zunehmend verbreiteten angeberischen Berufsbezeichnungen ( https://www.sueddeutsche.de/karriere/bewerbung-stellenausschreibung-jobnamen-1.4525207 ). Wir können uns also noch steigern: Ohne Officer, Manager, Senior oder Head of XY geht nichts mehr.
Die Tätigkeitsbezeichnungen im Umfeld der Fotografie waren ja schon öfter Thema in der DOCMA. Im Blogbeitrag vom 26.02.17 mit dem Titel „Hallo? Wer seid Ihr?“ fragte Doc Baumann die Leser nach den bevorzugten Begriffen. Das Thema ist anscheinend immer wieder aktuell. Ich stelle fest, dass sich der Digital Artist in der letzten Zeit stark vermehrt hat. Als Künstler möchten viele Fotografen gelten. Darüber habe ich in meinem Blog geschrieben ( https://www.w-fotografie.de/amateurfotografen-sind-keine-kuenstler-1/ ).
Aus meiner Sicht passt die Bezeichnung Photoshopper umgangssprachlich im Kreis von Berufskollegen gut. Sobald der Rahmen offizieller wird, sind die Begriffe Retuscheur und Bildbearbeiter geeigneter.
So wie Doc Baumann das Wort Fotografiker vorschlug, habe ich es mal mit dem Begriff Fotobild-Designer versucht. Das Ergebnis von Fotomontagen wird meist nicht mehr als Foto angesehen. Mit dem Begriff Fotobild soll auf die Verwendung von Fotos hingewiesen werden. Mit dem Wort Design möchte ich die Phasen des Workflows abdecken, z. B. Retusche und Montage.
Aber auf solche theoretischen Kreationen nimmt die Sprachentwicklung meist keine Rücksicht. Der Begriff Fotobild hat sich bereits in eine ganz andere Richtung bewegt. Damit wird häufig der Ausdruck eines Fotos bezeichnet. Das war also wieder nix.
Bin kein Freund des Begriffs – selbst bin ich „Tiefdruckfarbretuscheur“, so nannte man zu meiner Lehrzeit diesen Beruf. Später dann mutierte das Ganze zum „Mediengestalter“ u.ä. Begrifflichkeiten. Habe von Anbeginn der „elektron. Bildretusche“ – so hieß das i.d. Iden der 80er Jahre – mit Bildbearbeitungssoftware gearbeitet (Scitex, Hell) und ab den Anfängen der 90er Jahre dann natürlich auch mit Photoshop, das bis heute Standard bei den Profis ist. Die Adobeprodukte zu beherrschen ist die eine Sache, aber zu wissen, WAS die einzelnen Tools tatsächlich zu leisten imstande sind, dafür muss man aus der Profi-Ecke kommen. Einem normalen user, der seine Urlaubsfotos zumeist bearbeitet, werden die in PS implimentierten Werkzeuge zum allergrößten Teil nichts sagen. Müssen sie auch nicht, wenn es sich nur um die reine Bildbearbeitung für die privaten Zwecke handelt. Trotzdem würde mir jetzt keine Perle aus der Krone fallen, wenn mich jmd „Photoshopper“ nennt. Die Profis machen eine verschwindend kleine Minderheit im Portfolio Adobes aus – die meisten Benutzer sind Privatuser, die Spaß an der Bearbeitung haben und es auch genügend people gibt, die erstaunliche Collagen und auch gute Printprodukte zu erstellen in der Lage sind. Standesdünkel sind m.E. nach passé, der Begriff „Photoshoppler“ diskreditiert sicher niemanden, vor allem nicht diejenigen, die das Handwerk von der Pike auf gelernt haben – dass sie mehr von der Materie verstehen, versteht sich, denn sie müssen ihr Geld damit verdienen. Also: lassen wir’s gelten…
Diese Bezeichnung ist natürlich nichts anderes, als ein sehr gelungener Zug der Marketingleute und soll suggerieren, dass es keine andere, bessere Möglichkeit zur Bildbearbeitung gibt. Die negative Seite, nämlich die der exzessiven Bildmanipulation, wird auch so verniedlicht. Es kann schon so sein, dass sich dieser Begriff so sehr verbreitet, dass spätere Generationen, lang nach Ende des eigentlich Ursprungs, wenn also alle das Programm schon längst vergessenen haben, ihn noch verwenden.
Dass Leute einer Zeitschrift, die ihre Existenz praktisch diesem Programm verdanken, den Begriff gerne verwenden, noch dazu, wo man in der journalistischen Branche gern schlagzeilennutzbare Worte verwendet, ist verständlich.
Und damit nutzt man den Programmnamen für laufende, nicht mal unterschwellige, Werbung präsent. Was sicher sehr wohlwollende vom Hersteller angenommen wird.
Guten morgen
Also mich persönlich stört diese Bezeichnung so gar nicht. Ich selbst nennen mich gerne auch mal Phoshoppista oder Phoshopjunkie. Das dieses Programm nur ein Werkzeug ist, welches wir zur Bildbearbeitung, Bildmanupulation, Retusche oder für Composings ind ähnlichem nutzen, ist für mich nicht von Belang. Ich photoshoppe also bin ich Photoshopper(in). Letzteres hat mich jemand mal Photoshopgöttin genannt, das fand ich dann doch ein wenig übertrieben, obwohl es mir gefallen hat. In diesem Sinne, ein Gruß an alle Photoshopnutzer.
Es ist doch immer wieder erstaunlich über was man sich so aufregen oder „bemeckern“ kann. Ich arbeite seit 15 Jahren mit Senioren/innen der Roistocker Seniorenakademie wöchentlich 2 Stunden mit Photoshop. Das Alter liegt zwischen 68 und 85 Jahren. Ich selbst bin 83 Jahre. Wir fühlen uns als „Photoshopper“ und bis heute hat sich noch niemand daran gestört. Im Gegenteil irgendwie sind wir stolz mit über 80 Jahren noch aktiv mit Photoshop zu arbeiten. Einen schönen Gruß´an alle jungen und älteren Bildbearbeiter oder Photoshopper!!
Ich bin zwar kein Bildbearbeiter, geschweige denn ein „Photoshopper“, aber als früherer Schrift-(Blei- und Foto-)setzer hätte ich mich dagegen gewehrt, als (z.B.) „Linotyper“ oder „Bertholdianer“ in eine Herstellerschublade gesteckt zu werden. Meine Aufgabe war die Textbearbeitung, als Teil der Seitenherstellung, zu der auch die Kollegen aus der Reproabteilung ihre verschiedenerlei Beiträge mit einbrachten.
Lassen wir die einseitig orientierten Hersteller mit ihren Produkten – die wir, zugegeben, gern benhutzten, aber eben nicht unkritisch und immer auch mit Seitenblicken auf eventuell in Frage kommende Konkurrenzprodukte – bei der Berufsbezeichnung doch bitte außen vor. Wir sind im Grund Text- bzw. Bildbearbeiter. Das Produkt Photoshop ist natürlich ok, aber nicht alleinstehend, deshalb möchte ich mir nicht wünschen, dass die Berufsbezeichnung „Photoshopper“ in die grafische Geschichtsschreibung eingeht.
„Bescheidenheit ist eine Zier …“ Wie es doch so schön heißt, kann man Photoshop als Anwendung und einmal weniger als zeitgeistlichen Begriff zur Bildeditierung betrachtet, heutzutage sicher in einer vielzahl von Berufen finden, was die professionelle Verwendung betrifft. Insofern ist die Bezeichnung „kleinster gemeinsamer Nenner“ was die Leserschaft betreffen mag, durchaus plausibel.
Spätestens als der Gerauchsgrafiker Ende der 90er Jahre zum Kommunikationsdesigner oder Art Director mutierte und sich damit begrifflich womöglich etwas aus der Augenhöhe zur Mitbürgerschaft katapultiert hat, war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis hier der Leumund mit Begriffen wie „Photoshopper“ indirekt zur Zurückhaltung rügte. Damit natürlich nur eine mögliche Sichtweise, zumal Begriffe wie etwa „Pixelschubser“ schon eher als negativ konnotiert verstanden werden können.
Subjetiv betrachtet sind gute 90 Prozent aller Kollegen, vom 3D-Artist/Generalist über den Composer/Retuscheur bis hin zum Creative Director Art zumeist überaus kritik-, wie auch humorfähige Characktere – bei so manchem Auftraggeber etwa, sollte man das besser auch. Zu ‚bierernst‘ sollte man das Ganze in diesem großen Tätigkeitsbereich sicher nicht nehmen. Wobei man sagen muss – wie vom Doc so auch passend beschrieben – haben wohl beide Ansichten ihre Daseinsberechtigung. Aus dem Bereich des Marketings kommend, verantwortlich für die visuelle Ausrichtung von der Unternehmensseite her, sind Begriffe wie „Photoshopper“ in diesem Zusammenhang desöfteren auch mal negativ zu verstehen. Da muss ich dem guten Georg an dieser Stelle beiflüchten. Mit der einen oder anderen Idee im Gepäck, ist es nicht immer so leicht, bei bestimmten Entscheidern im Projektmanagement auch ernst genommen zu werden. Wie man weiß, sagt es sich natürlich leichter „Du Armleuchter“, als etwa „Sie Armleu…“. Wie gesagt kann ich sicher für den Großteil aller Kollegen sprechen, wenn ich behaupte, hier nimmt sich niemand ernster als nötig, und ob das auch für den Großteil der Mitbürgerschaft gilt, lässt sich wohl schlecht sagen.
Man wird es nicht mehr ändern – Photoshopper ist nun mal in der Welt und die fast allermeisten verbinden „PHotoshopper“ mit Automatik. Das funktioniert doch alles völlig automatisch im PC. Der Mensch in dem ganzen Prozess wird ja nicht mehr gesehen.