Augen auf beim Kamerakauf!
Es wird langsam Weihnachtszeit – die Zeit, in der man seinen Liebsten oder (geben wir’s zu) sich selbst zum Beispiel mit einem Kamerakauf Wünsche erfüllt. Das kostet Geld und die Versuchung ist groß, von vermeintlich spottbilligen Angeboten Gebrauch zu machen. Aber was zu gut scheint, um wahr zu sein, ist meistens auch nicht wahr.
Wer dieser Tage eine neue Kamera kauft, stellt mit Erstaunen fest, dass die alten Regeln nicht mehr zu gelten scheinen. Jahrelang war es so, dass eine neue Kamera mehr als ihr Vorgängermodell leistete, dabei aber weniger kostete. Neue japanische Kameras – und welche relevante Kamera kommt heutzutage nicht von einem japanischen Hersteller? – sind zwar weiterhin besser, aber auch teurer als ihre Vorgänger.
Das heißt nicht, dass Canon, Fuji, Nikon, Olympus, Panasonic, Ricoh oder Sony besonders gierig geworden wären. Diese Hersteller bilanzieren aber im heimischen Yen, dessen Umtauschkurs sich gegenüber dem Euro oder dem britischen Pfund so verschoben hat, dass die Einnahmen aus den Verkäufen in Übersee immer mehr schrumpfen. Japanische Hersteller müssen außerhalb Japans höhere Preise fordern, um überhaupt noch auf ihre Kosten zu kommen. Der allzu starke Yen ist ein Problem für die gesamte Exportindustrie Japans, und weder die Regierung noch die Notenbank Japans können viel daran ändern.
Das britische Referendum, das eine Mehrheit für den Brexit ergab, also den Austritt Großbritanniens aus der EU, stärkte noch einmal zusätzlich den Yen gegenüber Euro und Pfund. Das britische Pfund litt allerdings stärker als der Euro, weshalb auch die Produkte von Leica, des einzigen verbliebenen deutschen Kameraherstellers, in Großbritannien künftig teurer sein werden. Das hätte nicht nötig getan, aber als ich im Leica-Forum auf die Frage eines Briten, ob die Preiserhöhungen im UK wohl ein isoliertes Problem des Vereinigten Königreichs seien, wahrheitsgemäß mit „Brexit means Brexit – higher prices for imported goods“ antwortete, kochte die Stimmung hoch. Manche wollten sogar ihr Abonnement der LFI (Leica Fotografie International) kündigen, denn ich bin ja nicht nur DOCMA-Redakteur, sondern auch Redakteur der LFI. Aber was hilft’s: Wer beim Referendum für „Leave“ gestimmt hat, dem geschieht es recht, und das habe ich dann auch so gesagt.
Aber das sind die Probleme der Briten. In Deutschland müssen wir uns ebenfalls auf etwas höhere Preise für japanische Produkte gefasst machen, und die Versuchung ist groß, irgendwie beim Kamerkauf doch noch Geld zu sparen. Gerade in der Vorweihnachtszeit tauchen auf Amazon verdächtig günstige Angebote auf – für Kameras, aber generell für alle attraktiven Produkte. Wer darauf eingeht, wird oft vom Verkäufer aufgefordert, auf anderem Wege als über Amazon selbst zu bezahlen. Ob eine Zahlung aber über Western Union oder über PayPal erfolgt – alles, was nicht über Amazon läuft, ist nicht abgesichert. Wer sich beim Kamerakauf auf solche Geschäfte einlässt, verliert meist sein Geld, bekommt aber keine Ware, egal wie vertrauenswürdig der Anbieter erscheint. Viele glauben, Zahlungen über PayPal seien generell abgesichert, aber das gilt nur, wenn man den gewöhnlichen Weg über Amazon geht. Ein Anbieter, der etwas anderes verlangt, verfolgt betrügerische Absichten. Auch deutsche Online-Händler bieten übrigens günstige Preise – es muss nicht unbedingt Amazon sein.
Es gibt andere Angebote, die nicht betrügerisch, aber dennoch mit Vorsicht zu behandeln sind. Bestellungen bei vermeintlich britischen Anbietern landen oft in Hong Kong, das auch nach dem Ende seines Status als Kronkolonie besondere steuer- und zollrechtliche Regelungen mit Großbritannien verbinden. Diese Angebote sind günstig und man erhält auch meist die bestellte Ware, aber wenn es Probleme gibt, muss man seine Gewährleistungsansprüche in Hong Kong anmelden, wo das EU-weite Gewährleistungsrecht nicht gilt.
Ein anderer Fallstrick, den es beim Kamerakauf zu vermeiden gilt, sind Grauimporte. Wohlgemerkt: Es spricht rechtlich nichts dagegen, Ware für einen anderen Markt nach Deutschland zu importieren, und diese Produkte sind oft günstiger als solche für den deutschen Markt. Schlimmstenfalls bekommt man kein deutschsprachiges Handbuch, das man aber zumeist als PDF herunterladen kann. Man muss allerdings akzeptieren, dass die Garantieleistungen möglicherweise eingeschränkt sind. Der deutsche Kunde legt viel Wert auf eine lange Garantie, während die Kunden in anderen EU-Ländern lieber weniger zahlen – wer sich darauf einlässt, kann zwar auch in Deutschland die Garantie in Anspruch nehmen, aber die Laufzeit dieser Garantie kann deutlich kürzer sein als die von Produkten für den deutschen Markt. Wer mehr will, muss mehr zahlen. Augen auf beim Kamerakauf!