Sonys Strategie – erfolgreich, aber grundfalsch?
Wenn jemand erfolgreich ist, findet sich immer einer, der ihm ans Bein pinkelt – momentan ist die Aufregung groß, weil ein Fotograf Sonys aktuelle Strategie im Kamerasegment als fatalen Fehler geißelt. Was aber lässt sich ernsthaft gegen einen offenkundig erfolgreichen Weg einwenden?
Wer ein bisschen googelt, wird schnell herausfinden, dass auch ich seinerzeit nichts von Sonys Entscheidung hielt, den eigentlich für APS-C konzipierten E-Mount für Kameras mit Kleinbildsensor aufzubohren. Die damals geäußerten Bedenken halte ich bis heute aufrecht, aber ich erkenne auch an, dass Sony keine große Wahl hatte. 2013 gab es einerseits das von Minolta übernommene SLR-System mit dem A-Mount, der für das Kleinbild- wie für das APS-C-Format geeignet war, aber auch das spiegellose NEX-System mit dem E-Mount, der für APS-C optimiert war. Sony sah die Zukunft in einem spiegellosen Kleinbildsystem, und da sie dafür nicht noch ein drittes System einführen wollten, war ein Kompromiss nötig. Statt eines Systems auf A-Mount-Basis mit dessen für spiegellose Kameras unnötig großem Auflagemaß entschieden sie sich für den E-Mount, hinter dem ein Kleinbildsensor so gerade eben Platz fand. So entstanden die Modelle der Alpha-7-Reihe, deren Erfolg Sony recht zu geben scheint.
Hätte ich hier zu entscheiden gehabt, dann hätte ich mich für ein größeres Bajonett entschieden – größer als der A- oder E-Mount, aber mit einem ähnlich kurzen Auflagemaß, wie es der E-Mount vorsieht. Objektive für den A-Mount hätten sich adaptieren und E-Mount-Objektive zumindest in einem APS-C-Modus nutzen lassen. Ein ideales Bajonett für ein spiegelloses System sollte deutlich größer als der Bildkreis sein und damit nahezu telezentrische Objektive mit großen Hinterlinsen unterstützen, bei denen die Lichtstrahlen auch in den Randbereichen des Sensors nahezu senkrecht auftreffen, aber der E-Mount ist dafür nicht groß genug. Sonys Entscheidung ist unter den gegebenen Umständen gleichwohl nachvollziehbar.
Sator, der Autor des Petapixel-Artikels, hat schon recht damit, dass spiegellose Kamerasysteme nicht automatisch zu geringeren Abmessungen führen. Die Kameragehäuse selbst sind weniger tief, weil der Rückschwingspiegel wegfällt und das Auflagemaß entsprechend kürzer ist. Im gleichen Maß muss aber die Länge der Objektive durchweg größer sein, denn das Bild entsteht nun einmal in einer bestimmten Entfernung vom Objektiv. Eine echte Größenersparnis gibt es nur in einem begrenzten Bereich kurzer Brennweiten, bei denen das Auflagemaß einer SLR zu einer aufwendigeren, retrofokalen Objektivrechnung zwingt, während diese bei einem spiegellosen System unnötig ist.
Der langfristige Vorteil der spiegellosen Systeme liegt nicht in deren vermeintlich geringeren Abmessungen. Spiegellose Konstruktionen legen den Objektivrechnungen weniger Restriktionen auf, reduzieren aber vor allem die Zahl beweglicher Teile einer Kamera. Das wird sich in wenigen Jahren noch deutlicher zeigen, wenn der mechanische Schlitzverschluss endgültig einem elektronischen Verschluss Platz gemacht haben wird. Sonys Strategie mag suboptimal sein, aber die aktuellen Verkaufszahlen scheinen sie zu rechtfertigen. Wie gut Sony damit für die Zukunft gerüstet ist, kann man derzeit noch nicht sagen, zumal die bisherigen Marktführer Canon und Nikon noch keine zukunftsfähige spiegellose Strategie erkennen lassen.
Ein weiteres Problem unserer Tage ist es, dass „jeder“ meint, Sprache für sich neu definieren zu müssen. Sie schreiben von gleicher „Größe“, dabei ist sogar auf Ihrem Foto zu sehen, das die linke Kamera deutlich kleiner ist, als die beiden daneben. Wenn Sie „Länge“ meinen, was im Artikel ja offensichtlich ist, warum schreiben Sie das dann nicht auch? Die „Größe“ ist etwas völlig anderes, die „Länge“ nur ein Teil davon. Ich wäre manchmal froh, wenn meine Nikon so klein wäre, wie die Alphas (auch dann, wenn die „Länge“ die gleiche bliebe), wenngleich meine Hände sicher die größere besser anpacken können.