Kamera mit Henkel
Vollformatkameras – oder, um es nüchterner und präziser zu formulieren, Kameras mit einem Kleinbildsensor – gibt es mittlerweile in reicher Auswahl, vor allem von Canon, Nikon und Sony. Ricohs neue Pentax K-1 ist ein bisschen anders als die anderen.
Meine erste Pentax-Spiegelreflex hatte ich mir 1978 gekauft – die BAFöG-Nachzahlung für das erste Semester reichte gerade für das Gehäuse und ein Normalobjektiv. Danach folgten diverse weitere analoge und digitale Modelle dieses Herstellers; aktuell fotografiere ich vor allem mit einer Pentax K-5 mit APS-C-Sensor. Mit Pentax-Kameras kenne ich mich also aus. Allerdings ist „Pentax“ heute nur noch der Markenname; der Kamerahersteller Asahi Pentax ist im Ricoh-Konzern aufgegangen, der die Marke aber weiter pflegt.Lange Zeit hatte Pentax ausschließlich DSLRs mit APS-C-Sensor produziert. Vor fünf Jahren kam die 645D und danach die 645Z hinzu, digitale Kameragehäuse für Pentax’ Mittelformatsystem. Oder vielmehr eines der Mittelformatsysteme, denn in der analogen Ära gab es neben der 645 noch die Pentax 6×7. Im April dieses Jahr kam nun die Pentax K-1 hinzu, die mit ihrem Kleinbildsensor die Lücke zwischen APS-C und Mittelformat schließt. Natürlich wollte ich sie ausprobieren und hatte nun endlich die Gelegenheit dazu.
Ein Ausstattungsdetail der Kamera ist besonders augenfällig: Das bewegliche Display lässt sich nicht nur nach oben und unten kippen; seine Halterung ist mit vier beweglichen Beinen mit dem Gehäuse verbunden. Damit kann man es in jede Richtung kippen, was den Vorteil hat, dass man es auch bei Hochformataufnahmen kippen kann und es dabei in der optischen Achse bleibt. Nur für Selfies eignet sich die Konstruktion nicht, was sich bei einer Kamera dieser Art wohl verschmerzen lässt. Die Verbindung zwischen Display und Kamera ist nur scheinbar fragil. Die stählernen Beine halten problemlos das Gewicht des Gehäuses plus eines größeren Objektivs. Zwar ist das Display nicht als Henkel gedacht, aber man könnte es gefahrlos so nutzen.
Die K-1 ist nicht die erste Pentax-DSLR mit einem integrierten Bildstabilisator; den Anfang hatte schon vor zehn Jahren die K100D gemacht. Seitdem sind dem beweglichen Sensor, auf dem die Bildstabilisierung beruht, noch viele weitere Aufgaben zugewachsen. Auch seine Bewegungsmöglichkeiten haben sich erweitert; die Kamera kann ihn nicht nur verschieben, sondern auch drehen.Die erste Zusatzfunktion, die Pentax einst für den beweglichen Sensor vorgesehen hatte, erwies sich allerdings als Fehlschlag. Die K10D versuchte, auf dem Sensor haftenden Staub mit einem kräftigen Ruck abzuschütteln. Ich hatte damals die verschiedenen Systeme zur automatischen Sensorreinigung getestet, und unter diesen erwiesen sich die mit Ultraschallschwingungen arbeitenden Lösungen als sehr wirksam – insbesondere das System von Olympus, das auch das älteste seiner Art ist. Pentax und Sony versuchten es ohne Ultraschall, aber auch ohne nennenswertem Erfolg. Längst sind aber auch diese beiden Hersteller zu einer Sensorreinigung auf Ultraschallbasis übergegangen.
Seitdem sind den Pentax-Ingenieuren aber eine Vielzahl von Anwendungen eingefallen, für die sich ein beweglicher Sensor nutzbringend einsetzen lässt. Beispielsweise kann ihn die Kamera selbsttätig so drehen, dass der Horizont gerade verläuft. Eine manuelle Verschiebung des Sensors entspricht einer Verstellung der hinteren Standarte einer Fachkamera und kann wie diese eingesetzt werden, um stürzende Linien zu vermeiden. Zusammen mit dem integrierten GPS-Modul ist die Kamera in der Lage, bei Langzeitbelichtungen des Sternenhimmels den Sensor so zu drehen, dass Sterne punktförmig abgebildet werden, obwohl sich die Kamera mitsamt der Erde dreht. Pentax verbaut Sensoren ohne Tiefpassfilter, die eine höhere Auflösung, aber auch eine verstärkte Moiré-Neigung haben, und auch hier kann der bewegliche Sensor helfen: Die Kamera versetzt ihn auf Wunsch gezielt in Schwingungen, um den Effekt eines Tiefpassfilters zu simulieren.
Die K-1 geht aber nun noch einen Schritt weiter: Im Modus Pixel-Shift-Resolution, für den ein Stativ zwingend nötig ist, nimmt die Kamera hintereinander vier Bilder auf und verschiebt den Sensor dazwischen um je eine Pixelbreite nach rechts, unten, links und oben. Auf diese Weise kann die Kamera pro Pixel nicht nur eine der drei Grundfarben registrieren, sondern alle drei. Eine auflösungsmindernde Interpolation wird damit unnötig. Die Farbwiedergabe wird gleichfalls verbessert, und ebenso der Rauschabstand und Dynamikumfang, da ja vier Belichtungen miteinander verrechnet werden. Im Gegensatz zu Olympus, die ein ähnliches Verfahren nutzen, unterstützt die K-1 keine Verschiebungen um eine halbe Pixelbreite, mit der sich die Zahl der Pixel vervierfachen ließe. Die in diesem Modus mit der K-1 aufgenommenen Bilder enthalten weiterhin „nur“ 36 Megapixel, aber die effektive Detailauflösung ist deutlich verbessert. Anders als aktuelle Olympus-Modelle kann die K-1 aber auch kleine Abweichungen zwischen den Einzelbildern berücksichtigen – etwa wenn sich bei einem Landschaftsfoto die Blätter im Wind bewegen. Die Kamera entdeckt solche problematischen Bereiche und greift dort nur auf eines der vier Bilder zurück. Damit das auch im Raw-Konverter möglich bleibt, speichert die K-1 alle vier Belichtungen, weshalb die Raw-Dateien sehr groß werden; JPEG-Dateien wachsen im Pixel-Shift-Resolution-Modus kaum an. Falls die Montage der Kamera auf ein Stativ kein Hindernis ist, können sie so auch schon mit einer Kleinbildkamera annähernd Mittelformatqualität erreichen.
Falls Sie sich nun die Frage stellen, ob die vorhandenen Objektive dem auch gerecht werden, dann kann ich Sie beruhigen: Objektive wie das Standardzoom 1:2,8 24–70 mm haben damit nicht das geringste Problem.
Tolle Idee, tolles Konzept, tolle Features – aber leider taugt in der Praxis der Autofokus nur bei statischen Motiven. Als 645z Besitzer habe ich Wochen auf die Verfügbarkeit für einen Test hin gefiebert und war am Ende so enttäuscht wie selten.
Die Kamera wird in den bisher verfügbaren Berichten als ungeeignet für Sport und Aktion beschrieben. Das ist gelinde gesagt untertrieben. Ich konnte zwei verschiedene Gehäuse, zwei 24-70mm und ein 70-200mm beim Händler im Rahmen einer Roadshow ausführlich testen. So gar bei einem langsamen Fahrradfahrer wird Schärfe und Fokus zur reinen Glücksache. Ganz enttäuschend ist hier das 70-200. Ich kann jedem nur empfehlen, die Kamera selbst und ausführlich vor dem Kauf zu testen.
Statische Porträts mit dem 24-70 bei f=2,8 und 1/50 sind erstklassig, aber wer beschränkt sich schon darauf? Völlig unverständlich ist mir auch der Brennweitenbereich des neu entwickelten 28-105. Das 28 ist für ein Universalobjektiv im weiten Bereich zu lang. Die meisten werden zum (umgelabelten) 24-70 greifen und kein zweites sich in die Tasche legen.
Schade!
1,5mm Sensorshift (also maximal 0,75mm nach oben, 0,75mm nach unten)gibt Ricoh an. Der Vergleich mit den Möglichkeiten einer Fachkamera-Rückstandartenverstellung erscheint mir da etwas zu „optimistisch“ ausgefallen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass mit so geringen Stellwegen eine deutliche Perspektivenkorrektur
möglich ist -dann lieber gleich ein Shiftobjektiv…oder Photoshop & Co.