Auch Objektive sind Moden unterworfen und seit einiger Zeit erfreuen sich eigentlich veraltete Konstruktionen einer neuen Popularität: Objektive wie das Trioplan 100 erzeugen ein kringeliges „Seifenblasenbokeh“, das einst als Mangel galt, momentan aber geschätzt wird – Kringel im Bokeh! Aber wie entsteht es überhaupt?
Wir sind es mittlerweile gewohnt, dass selbst Objektive mit fester Brennweite Konstruktionen aus zehn und mehr Linsen sind. Aber auch vergleichsweise simple Dreilinser können ihren Reiz haben, was den Erfolg neuer Interpretationen alter Objektive erklärt. Meyer Optik Görlitz beispielsweise hat rund 100 Jahre alte Rechnungen wieder aufgelegt, darunter das Trioplan 100 f2.8. Mit seinem einfachen Aufbau ist es im strengen Sinne kein Teleobjektiv, denn es ist nicht kürzer als seine Brennweite. Für eine ausreichende Korrektur der Abbildungsfehler reichen drei Linsen aus; auf eine Innenfokussierung, Floating Elements für eine Optimierung im Nahbereich oder gar einen Bildstabilisator muss man natürlich verzichten.
Ein Charakteristikum dieses Objektivs ist sein Bokeh: Lichtpunkte im unscharfen Hintergrund werden als Scheiben mit hellem Rand abgebildet, was der Hersteller selbst als „Seifenblasenbokeh“ bezeichnet. Traditionell gilt das als ein schlechtes Bokeh, weil es den Hintergrund unruhig erscheinen lässt und Doppelkonturen erzeugt, aber es hat auch seine eigene ästhetische Qualität. Wie entsteht es eigentlich?
Ein perfektes Objektiv (und wenn man es ganz genau nimmt, kann kein Linsenobjektiv perfekt sein) würde alle von einem Punkt des Motivs ausgehenden Lichtstrahlen in einem Punkt bündeln. Hinter diesem Punkt streben sie wieder auseinander, so dass die Strahlen einen Doppelkegel bilden. Wenn Sie nun genau auf die Spitze der Strahlenkegel fokussiert haben, erhalten Sie ein scharfes Bild, ansonsten wird der Punkt als eine Scheibe abgebildet. Bei einem perfekten Objektiv wäre dieser sogenannte Unschärfekreis scharf begrenzt und hätte eine einheitliche Farbe und Helligkeit.
Einfache sphärische Linsen sind jedoch nicht perfekt; unter anderem zeigen sie die sphärische Aberration: Strahlen, die nahe deren Rand auf die Linse treffen, werden stärker gebrochen als solche, die nahe der optischen Achse einfallen. Die Lichtstrahlen treffen sich also nicht in einem Punkt und das scharfe Bild wird daher von unscharfen Bildern überlagert – es wirkt weichgezeichnet.
Kringel im Bokeh – besonders effektvoll
Die sphärische Aberration wirkt sich auch auf das Bokeh aus: Punkte im unscharfen Hintergrund werden verschwommen statt als scharf begrenzte Scheiben abgebildet – von einem hellen Zentrum aus werden sie zum Rand hin dunkler. Das Ergebnis ist ein weiches, traditionell als angenehm empfundenes Hintergrundbokeh. Im unscharfen Vordergrund kehren sich die Verhältnisse um: Die Unschärfekreise haben ebenfalls eine uneinheitliche Helligkeit, aber sie sind im Zentrum dunkler, während die Helligkeit zum Rand hin zunimmt.
Nun ist das Trioplan 100 aber keine simple Sammellinse, sondern ein für die sphärische Aberration korrigierter Dreilinser. Tatsächlich liegt hier bereits eine Überkorrektur dieses Abbildungsfehlers vor, und diese kehrt die Verhältnisse erneut um: Nun ist es das Vordergrundbokeh, das sich durch verschwommene Unschärfekreise auszeichnet, während hinter der Schärfenebene Kreise mit hellem Rand erscheinen. Da wir unscharfe Objekte im Vordergrund normalerweise vermeiden, ist es dieses Hintergrundbokeh, das in der fotografischen Praxis die größere Bedeutung hat, und daher als charakteristisch für ein Objektiv gilt. Besonders effektvoll ist das kringelige „Seifenblasenbokeh“, wenn es im Hintergrund einzelne helle Lichtpunkte oder Reflexe gibt und sich gut sichtbare Unschärfekreise ergeben. Ohne solche Lichtpunkte wirkt der Hintergrund bloß unruhig, was dem Zweck einer Freistellung des Motivs entgegen wirkt.
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