Altglas

Cosinon 55/1.4 und Konsorten

Ein lichtstarkes 1.4er galt lange Zeit als Vorzeige-Objektiv und „must-have-Item“ – auch in den Katalogen der Versandhauskönige. In vielen Fällen dürfte es sich um ein Cosinon 55/1.4 gehandelt haben, hergestellt in Japan von Cosina. Mit kosmetischen Anpassungen des Frontrings für Quelle, Porst und Konsorten sowie Variationen am Fokusring entstand der Eindruck verschiedener Objektive. Gab es auch Unterschiede im optischen Aufbau und den Abbildungseigenschaften?

Cosina 55/1.4. Cosinon 55/1.4 und Konsorten
Cosinon 55/1.4 und Konsorten: Der größte Teil dieser Objektive dürfte von Cosina stammen.
Porst. Cosinon 55/1.4 und Konsorten
Porst Reflex Color 55/1.4: Akzeptable punktuelle Schärfe bei Offenblende und unaufdringliches Bokeh.

Zum optischen Aufbau dieses OEM-Produkts gibt es keine verlässlichen Angaben. Wer es genau wissen will, muss sein Objektiv zerlegen. Wahrscheinlich finden sich sieben Linsen, vermutlich in fünf Gruppen arrangiert. Das entspricht einem gängigen Standard der Gattung, den auch bekannte Markenhersteller nutzten, manche beherrschten diese Kunst mit nur sechs Linsen. Im Laufe der 1970er Jahre erlaubten Fortschritte in der Glasherstellung technisch überlegene 7/6-Konstruktionen lichtstarker Normalbrennweiten, wie im Zeiss Planar 50/1.4 und Canon 50/1.4. Die Datensammlung M42lens.com schreibt der ersten Cosina-Version diese Eigenschaft zu. Der vollständig aus Metall gearbeitete Fokusring qualifiziert sie als frühe Version. Danach fehlen Informationen zum optischen Aufbau vollständig, nicht nur hier.

Baugleiche Objektive

Darüber hinaus listet die Zusammenstellung fünf baugleiche Varianten, selbst Vivitar hatte eine im Sortiment. Wer sich weiter durch die Datenbank klickt, findet zusätzlich vier Auto Revuenon Varianten und die gleiche Anzahl nochmals bei Porst. Trotz oberflächlicher Vielfalt eint sie eine Gemeinsamkeit: Der große rechteckige Ausschnitt für die Schärfentiefeskala im Blendening. Ein Erkennungsmerkmal, das sehr viele Cosina-Objektive zeigen. Auf den Swingerpartys im OEM-Club war der Hersteller nicht wegzudenken, bei Vivitar auch als Nummer 9 bekannt.

Cosina und Konsorten. Cosinon 55/1.4 und Konsorten
Cosinon 55/1.4 und Konsorten: Cosina produzierte auch für Photo Porst. Die Typografie des Frontrings zeigt Merkmale, die darauf hindeuten. Der rechteckige Ausschnitt für die Schärfentiefeskala kennzeichnet viele von Cosina hergestellte M42-Objektive.

Abbildungseigenschaften

Cosinon 55/1.4 und Konsorten sind immer noch sehr beliebt. Neckermann hatte dieses und weiterer Objektive 1978 und 1979 übrigens mit dem Herstellernamen im Angebot und lieferte auch die passenden Kameras dazu – doch eigentlich war es genau andersrum. Objektive wirkten wie eine Beigabe zur Kamera. Wie auch immer: „Kenner kaufen Cosina“, sprach der Katalog. Heute können Kenner auch ein baugleiches Objektiv (Carenar, Vivitar, Reflecta …) kaufen, gelegentlich sogar günstiger als das vermeintliche Original. Die Abbildungseigenschaften zeichnen sich durch gute zentrale Schärfe und harmonisches Bokeh aus. Marginale Unterschiede zeigen sich möglichweise zwischen frühen Modellen und späteren Versionen mit Multicoating, die am „MC“ auf dem Frontring eindeutig identifizierbar sind.

An der Ähnlichkeit gescheitert

Zusammen mit Inga Dwenger, sie besitzt zwei verschiedene Exemplare dieses Cosina-Objektivs, wurde versucht, vielleicht vorhandene Unterschiede in den Abbildungseigenschaften sichtbar zu machen. Auf den Punkt gebracht: Es ist uns nicht gelungen. Beim Pixelpeeping zeigten sich Abweichungen, die bestenfalls marginal andere Fokuspunkte erkennen ließen. Das Gute an dieser Erkenntnis: So lange das Objektiv technisch intakt ist, spielt es beim Kauf keine Rolle, welches Label der Frontring zeigt.

Auto Revuenon 55. Cosinon 55/1.4 und Konsorten
Selbst ein von Chinon produziertes 55/1.4 zeigt keine wesentlich anderen Abbildungseigenschaften. Entscheidend für die Bildwirkung sind die Lichtverhältnisse und Relationen der Abstände zwischen Objektiv, Motiv und Hintergrund. Mehr zum Thema Bokeh findet sich hier.
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Bernd Kieckhöfel

Bernd Kieckhöfel hat einige Jahre für eine lokale Zeitung gearbeitet und eine Reihe von Fachartikeln zur Mitarbeiterführung veröffentlicht. Seit 2014 schreibt er für Fotoespresso, DOCMA, FotoMagazin sowie c't Digitale Fotografie.

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