Sensorgeflüster: Gibt es geheime Quad-Bayer-Sensoren?
Über den Unterschied zwischen Quad-Bayer- und Quad-Pixel-Sensoren hatte ich schon vor sechs Wochen an dieser Stelle etwas geschrieben. Gestern ist Richard Butler in einem Artikel auf DPReview auf dasselbe Thema eingegangen und hat in diesem Zusammenhang eine steile These aufgestellt: Sony und Panasonic verwenden in bestimmten Kameras Quad-Bayer-Sensoren, ohne es uns zu verraten. Ist das plausibel?
Die Quad-Bayer-Technologie ist von den Kameramodulen einiger Smartphones bekannt. Deren sehr hoch auflösende Sensoren haben Farbfilter in einem Muster, das einem vergrößerten Bayer-Muster entspricht, in dem jeweils zwei mal zwei Sensorpixel für dieselbe Farbe empfindlich sind. Wenn man diese Sensorpixel nicht getrennt auswertet, sondern jeweils die aus einen 2×2-Pixel-Block ausgelesenen Werte miteinander verrechnet (das sogenannte „Binning“), erhält man Bilder mit einem Viertel der Sensorauflösung, deren Bildpixel aber einen vergrößerten Rauschabstand haben, wie man ihn für Aufnahmen bei schlechten Lichtverhältnissen braucht. Alternativ kann die Kamera bei niedrigen ISO-Werten aber auch die volle Sensorauflösung nutzen, indem sie alle Sensorpixel getrennt auswertet, wenngleich dabei nicht die Detailauflösung eines klassischen Bayer-Sensors mit gleicher Pixelzahl erreicht wird.
In Systemkameras wurde die Quad-Bayer-Technologie allerdings noch nicht eingesetzt, oder jedenfalls hat sich bislang kein Kamerahersteller dazu bekannt. Richard Butler sieht dennoch Indizien dafür, dass auch die Panasonic DC-GH5S und die Sony Alpha 7S III mit Quad-Pixel-Sensoren arbeiten. Deren volle Auflösung, die 40 beziehungsweise 48 Megapixel betragen müsste, würde allerdings nie genutzt, weil die Sensoren nur im Binning-Modus betrieben werden, der vier Sensorpixel zu einem Bildpixel verrechnet – die Kameras werden ja mit Auflösungen von 10 beziehungsweise 12 Megapixeln beworben. Butler hat bei beiden Herstellern nachgefragt, die darauf jedoch nicht geantwortet oder seine These jedenfalls nicht bestätigt haben.
Hätte er recht, müssten die verwendeten Sensoren Varianten eines MFT-Sensors mit 40 Megapixeln beziehungsweise eines Kleinbildsensors mit 48 Megapixeln sein, aus denen sich mit einem geänderten Farbfiltermuster leicht Quad-Bayer-Sensoren machen ließen. Aber diese Sensoren gibt es nicht. Und selbst wenn es sie gäbe, machten Quad-Bayer-Sensoren, die ausschließlich im Binning-Modus betrieben werden, keinen Sinn. Panasonic und Sony haben sich ja aus zwei Gründen dafür entschieden, nach wie vor Kameras mit einer so vergleichsweise niedrigen Auflösung zu bauen: Erstens können die Pixel eines niedrig auflösenden Sensors entsprechend größer sein und daher mehr Licht und mehr Elektronen sammeln; das Ergebnis ist ein höherer Rauschabstand und in der Folge auch ein höherer Dynamikumfang jedes Pixels. Zweitens kann ein niedrig auflösender Sensor schneller ausgelesen werden und es lassen sich damit ohne aufwendige Umrechnung 4K-Videobilder erzeugen.
Ein Quad-Bayer-Sensor mit vierfacher Pixelzahl verbessert im Binning-Modus zwar ebenfalls den Rauschabstand, aber nicht in gleichem Maße, denn vier Sensorpixel statt eines einzigen mit gleicher Gesamtfläche sind etwas weniger lichtempfindlich und können keine ganz so großen elektrischen Ladungen speichern – diese Variante lohnt sich nicht, wenn man nicht alternativ auch die volle Sensorauflösung nutzen kann. Außerdem muss die vierfach höhere Pixelzahl ja auch ausgelesen werden, was den Sensor verlangsamt. Bei einem A/D-Wandler pro Pixelspalte dauert das Auslesen zwar nur die doppelte statt der vierfachen Zeit, aber wenn es um eine hohe Geschwindigkeit geht, ist es ein unnötiger Bremsklotz.
Trotzdem werden nun vermutlich manche Panasonic- und Sony-Fotografen nach Tricks suchen, um die Auflösung ihrer DC-GH5S oder Alpha 7S III auf das Vierfache zu steigern, aber ich sehe da kaum Erfolgsaussichten. Aller Wahrscheinlichkeit nach bieten diese Modelle wirklich nur die 10 beziehungsweise 12 Megapixel, die ihre Hersteller versprochen haben.