Kurz gefasst: Das neue iPhone 13 Pro kann etwas mehr als das alte 12 Pro Max und deutlich mehr als das iPhone 11 Pro und das iPone 12 Pro. Wo genau die Unterschiede liegen und für wen sich die Anschaffung wirklich lohnt, hat Christoph Künne in Erfahrung gebracht.
Das iOS 15-Update
Bevor wir uns mit den neuen Funktionen des iPhone 13 befassen, ein kurzer Abstecher zu den erweiterten Foto-Funktionen, die man mit iOS 15 auch für ältere iPhones nachrüsten kann.
Automatische Erkennung von Text und Motiven
Wer etwas mit dem iPhone abfotografiert, das Text enthält, kann mit iOS 15 den Text aus dem Bild direkt auslesen und für die Weiterverwendung in die Zwischenablage kopieren. Also OCR (Optical Character Recognition) schon beim Fotografieren.
Für Globetrotter noch nützlicher ist die Funktion, den fotografierten Text direkt aus der Foto-App in eine andere Sprache übersetzen zu lassen. Nicht unbedingt ein Foto-Feature, aber wahnsinnig praktisch auf Reisen oder wenn man als Merkhilfe aufgenommene Fotos weiterverwenden will.
In Deutschland aktuell noch nicht verfügbar – aber wohl recht bald – ist die KI-gestützte Motiverkennung. Damit sagt einem die Foto-App auf Wunsch, was für eine Blume oder Haustierrasse man gerade abgelichtet hat und um welche Sehenswürdigkeit oder um welches Kunstwerk auf dem Bild es sich handelt. Man kann sich leicht vorstellen, dass diese Liste der Möglichkeiten in Zukunft um alles erweitert wird, was sich online mit Nachschlagewerken wie der Wikipedia abgleichen lässt.
Außerdem wurde die Personenerkennung verbessert und man kann jetzt falsche Zuordnungen einfacher korrigieren.
iPhone 13 Pro: Neue Objektive
Vorab etwas Wichtiges für alle, die sich fragen: Soll es ein iPhone 13 Pro oder ein iPhone 13 Pro Max sein? Während es bei der 12er Version noch gravierende Unterschiede bei den Modellen hinsichtlich der Kameraausstattung gab, so ist jetzt der einzige Unterschied die Größe und die Akkukapazität.
Das Super-Weitwinkel: 13mm (KB-Äquivalent)
Im iPhone 13 Pro ist ein Superweitwinkel verbaut, das im Gegensatz zu den Vorgängern drei Vorzüge aufweist: Erstens handelt es sich um ein Autofokus-Objektiv, statt des Fixfokus-Objektivs zuvor. Zweitens ist es lichtempfindlicher (Blende f/1.8 statt f/2.4) und drittens ermöglicht es im neuen Makromodus, sich einem Motiv auf bis zu zwei Zentimeter zu nähern. Leider verzerrt es an den Rändern immer noch extrem. So sehr, dass man sich fragt, ob nicht etwas weniger Weitwinkel, also zum Beispiel 15mm, oder zumindest eine bessere Verzerrungskorrektur die Nutzbarkeit dieses Objektivs merklich erhöhen könnten – auch wenn der marketingwirksame Zoomfaktor darunter leidet.
Das „nomale“ Weitwinkel: 26mm (KB-Äquivalent)
Dieses Objektiv ist mit f/1.5 etwas lichtstärker als die Modelle in den älteren iPhones (11: f/1.8; 12: f/1.6). Ansonsten hat sich hier hardwareseitig scheinbar nichts weiter verbessert. Allerdings kann man es jetzt auch im Porträtmodus der Foto-App benutzen, was zuvor einzig der Telebrennweite vorbehalten war.
Das Tele: 77mm (KB-Äquivalent)
Ist ebenfalls gänzlich neu, aber mit Blende f/2.8 lichtschwächer als seine beiden Vorgänger (11: f/2.0; 12: f/2.2) Allerdings unterscheiden sich auch die Brennweiten der drei Teleobjektive. Während das iPhone 11 Pro, das 11 Pro Max und das 12 Pro mit einem 52mm-„Tele“ auskommen mussten, bot das Tele des 12 Pro Max bereits 65 Millimeter Brennweite. Die 77mm des 13 Pro verlängern den optischen Zoombereich des Systems nun von 5× auf 6×. Ein Vorzug ohne Frage. Hingegen sind die 77mm im Porträtmodus etwas unpraktischer, weil man bei den typischen Gelegenheiten für Oberkörpermotive nun etwas mehr Abstand braucht. Aber vielleicht ist das auch nur eine Frage der Gewöhnung oder des persönlichen Geschmacks.
Zwischenfazit: Kamera-Hardware
Die kleinen Änderungen machen den Kohl nicht fett. Wer bereits ein iPhone 12 Pro Max besitzt, kann sich das Update – zumindest im Hinblick auf die Fotofunktionen – vermutlich sparen. Für Besitzer eines iPhone 11 mit oder ohne Pro ist die Sachlage etwas anders: Hier profitiert man, wenn auch in einem relativ bescheidenen Rahmen. Die Hardwaretestseite dxomark.com hat die Kamnerentwicklung der iPhones in ihrer Smartphone-Sektion relativ gut in Zahlen verpackt: Beide iPhone 13 Pro erreichen einen Score von 139, das iPhone 12 Pro Max 130 und das iPhone 11 Pro Max 124. Viele weitere Modelle von Apple und den anderen Anbietern finden sich ebenfalls in der Liste.
Software-Funktionen
Nun wissen wir als Fotografen, dass die Qualität „smarter“ Fotos mehr durch die Rechenleistung des Prozessors und die Ausgeklügeltheit der Foto-Apps bedingt ist, als durch die physikalische Leistungsfähigkeit des optisches Systems. Entsprechend wichtig ist der Blick auf die neu hinzugekommenen Software-bedingten Funktionen.
Makro
Die Makrofunktion macht auf den ersten Blick einen tollen Eindruck, denn man kann nun – rein technisch gesehen – ganz nah ran ans Motiv. Zwei Zentimeter Abstand sind in der Praxis aber selten von Vorteil. Mit der Nähe steigt die Gefahr, das Motiv versehentlich zu beschatten. Schon aus diesem Grund gibt man normalerweise Makros mit längeren Brennweiten den Vorzug. Statt nun das neue Teleobjektiv mit der Makrofähigkeit auszustatten, hat Apple sich aber für das Ultraweitwinkel entschieden. Wie man damit in der Praxis trozdem zu spannenden Ergebnissen gelangt, werden wir später noch an anderer Stelle ausführlich thematisieren.
Porträt
Mit jeder iPhone-Generation wird der Porträtmodus besser. Seit der Einführung des künstlichen Bokehs mit dem iPhone 7 Plus sind jetzt fünf Entwicklungsstufen zusammengekommen – und das sieht man: Die Porträtbilder wirken meist recht schmeichelhaft, ohne dabei allzu künstlich auszusehen.
Das war allerdings auch schon beim iPhone 12 Pro Max der Fall. Neu ist nur die Option, im Porträt-Modus zwischen dem normalen Weitwinkel (1×) und dem Tele (3×) auswählen zu können.
Stile
Wer seinem Foto schon bei der Aufnahme einen persönlichen Bildstil zuweisen möchte, kann jetzt im Fotomodus vor dem Auslösen zwischen fünf Grundstilen wählen. Hat man einen festgelegt, lässt der sich durch zwei Regler noch weiter feintunen. Man kann hier eine Tonalität zwischen „Satt“ und „Lebendig“ sowie die Farbtemperatur einstellen. Den so definierten Stil merkt sich die App nach dem Auslösen für alle weiteren Bilder, die im Fotomodus aufgenommen werden. Porträt- und Panoramamodus sind davon nicht beeinflusst.
Ob die Stile eine echte Bereicherung sind, die den eigenen Fotos einen charakteristischen Look verleihen, darf getrost bezweifelt werden.
Nachtmodus
Es ist schon eindrucksvoll, was das iPhone 13 Pro aus Aufnahmesituationen bei schlechtem Licht zaubert. Angeblich soll der Nachtmodus noch einmal verbessert worden sein, doch war er auch zuvor schon sehr überzeugend. Wir sind mit dem neuen iPhone 13 und dem iPhone 12 – jeweils in der Pro Max-Version – zwei Abende durch die Hamburger Speicherstadt gezogen, um diese Fähigkeiten auf Herz und Nieren zu testen. Es hat sich ein wenig angefühlt wie in Kindertagen in einen Bonbonladen zu gehen; nur dass es hier um Eye-Candy ging. Die iPhones zaubern aus bis zu 10-sekündigen Langzeitbelichtungen wirklich tolle Bilder. Erstaunlicherweise werden sie auch dann kaum besser, wenn man sie nicht aus der Hand aufnimmt, sondern die Smartphones mit einem Stabilizer kombiniert. Vermutlich ist der beim Einzoomen gut erkennbare Detailverlust nicht dem Verwackeln geschuldet, sondern einem sonst erfolgreichen Kampf der Software gegen das Bildrauschen.
Panorama
Auch bei der Panoramafunktion sind nach Angaben von Apple Verbesserungen hinzugekommen. Die haben sich aber auch hier so gut versteckt, dass wir vermutlich wohl noch einige Zeit mit dem Smartphone arbeiten müssen, bis sie uns auffallen.
Fazit: Fotosoftware
Auch hier lässt sich festhalten: Alles wird besser, aber in kleinen Schritten. Man kommt sich ein wenig vor, als hätte die Autoindustrie Pate gestanden, als es darum ging, die Innovationen in kleinen Portiönchen auf die neuen Produkte zu verteilen. Das Gebotene ist eindruckvoll, es macht für viele Hobbyfotografen den Griff zur richtigen Kamera obsolet, aber das ist nichts Neues, denn das galt auch schon beim letzten iPhone.
Nachdem die iPhone-Objektive fast lichtstärker als im 35 mm-Format sind, wäre es interessant, wie hoch die Auflösung der Bilder schlussendlich ist. Immerhin wird schon beim digitalen Mittelformat diskutiert, ob die grossen Festbrennweiten die Auflösung der Kameras schaffen. Was schaffen denn diese winzigen Zooms in der Praxis?
Im Klartext: wie gross kann man diese Bilder mit 300 dpi ausdrucken?
Portraitmodus mit dem Weitwinkel konnte schon mein iPhone 11 Pro.