Nikon und die Garantie
Wer künftig Nikon-Objektive und -Zubehör kauft, bekommt statt der bisher üblichen internationalen nur noch eine regionale Garantie. Was bedeutet das und was mag sich Nikon dabei gedacht haben?
In einer „Notice regarding transition from international warranties for interchangeable lenses and accessories“ vom 8. Januar kündigt Nikon an, Systemobjektive und Zubehör wie beispielsweise Blitzgeräte mit einer lokalen oder regionalen Garantie zu verkaufen. Eine Garantiereparatur ist danach nur noch in dem Land oder der Region möglich, in dem das Produkt gekauft wurde. Wenn ein Garantiefall eintritt, während man sich im Ausland aufhält, muss sich der Nikon-Fotograf an die heimische Nikon-Vertretung wenden. Soll das Produkt vor Ort repariert werden, muss er die Kosten selbst tragen. In manchen, von Nikon nicht näher angegebenen Ländern werden überhaupt nur noch inländische Produkte repariert. Auch als Selbstzahler kommt man dann nicht mehr weiter.
Die Hersteller verzichten zwar immer öfter auf internationale Garantien, aber bei Produkten wie Kameras, Objektiven, Smartphones und Computern, die man oft auf Reisen mit ins Ausland nimmt, ist es nützlich, wenn sie im Notfall überall auf der Welt auf Garantie repariert werden. Die Beschränkung auf eine nur regional gültige Garantie macht die Produkte weniger attraktiv. Was also hat sich Nikon dabei gedacht?
Als offizielle Erklärung führt Nikon „differences in regional laws and safety standards“ an, die es immer schwieriger gestalten würden, international gültige Garantien anzubieten. Nun ist es für einen Hersteller sicher nicht einfach, seine Produkte weltweit anzubieten, denn es gibt überall unterschiedliche Anforderungen an die Produktsicherheit, Umweltschutzbestimmungen und sonstige Regelungen. Aber diese zu berücksichtigen lässt sich nicht umgehen; wenn man die Vorgaben eines Landes nicht erfüllen kann oder will, kann man dort keine Geschäfte machen.
Mit Garantiebestimmungen hat das aber nichts zu tun. Eine Garantie ist ja eine freiwillige Leistung, deren Erfüllung der Hersteller verbindlich zusichert, und er kann sie beliebig ausgestalten. Am Ende muss er sich nur an die Regeln halten, die er selbst definiert hat. Damit steht die Herstellergarantie im Gegensatz zur Gewährleistungspflicht des Händlers, die in der EU gesetzlich geregelt ist.
Ein Hersteller kann auch nationale Unterschiede in den Garantieleistungen vorsehen. Wenn er erkennt, dass deutsche Kunden viel Wert auf eine lange Garantiezeit legen und dafür auch einen etwas höheren Preis zu zahlen bereit sind, kann der Hersteller Produkte für den deutschen Markt mit einer längeren Garantie verkaufen als Produkte für beispielsweise den US-Markt, dessen Kunden mehr auf den Preis schauen. Dennoch können solche Garantien international gültig sein: Der deutsche wie der US-Kunde bekommt die Garantieleistung, für die er gezahlt hat, auch im jeweils anderen Land – oder irgendwo auf der Welt, wo der Hersteller eine Niederlassung hat.
Ein Verzicht auf internationale Garantien vereinfacht vermutlich die Abläufe, und vielleicht führt sie auch dazu, dass Kunden manche Reparaturen selbst zahlen, obwohl sie noch einen Garantieanspruch geltend machen könnten. Aber lohnt sich das? Das Garantieversprechen sichert ja nicht nur zu, dass der Hersteller im ungünstigsten Fall für notwendige Reparaturkosten geradesteht; es drückt auch die Zuversicht aus, dass es zumindest während der Garantiezeit aller Voraussicht nach gar nicht erst zu einem Ausfall kommen wird. Die Garantie demonstriert, dass der Hersteller an die Qualität seiner Produkte glaubt. Umgekehrt kann eine Verschlechterung der Garantieleistungen Zweifel an der Qualität wecken, auch wenn es dafür keine sachlichen Gründe gibt. Meiner Meinung nach hat sich Nikon mit der Entscheidung gegen internationale Garantien keinen Gefallen getan.
Könnte tatsächlich was mit dem eigenen Glauben an die Qualität zu tun haben. Nikon fertigt ja seit kurzem seine Kameras in Thailand und misstraut eventuell noch den dortigen Fertigungsstandards. Solche Risiken sind angesichts der wirtschaftlichen Lage von Nikon in diesen Zeiten tatsächlich schwer einzupreisen. Einen Gefallen hat sich Nikon damit sicher nicht getan, aber besser als potenzieller wirtschaftlicher Ruin durch größere Rückrufaktionen.
Viele japanische Kamera- und Objektivhersteller fertigen heutzutage (und schon seit Jahren) außerhalb Japans, auf den Philippinen, in Vietnam, Thailand oder China. Das muss nicht bedeuten, dass die Fertigungsqualität geringer wäre. Umgekehrt kann man schlechte Qualität überall produzieren, auch in Japan oder beispielsweise Deutschland.
Davon abgesehen: Wenn auch nur ein Dutzend Kameras oder Objektive mit demselben Fehler ausfallen, ist der weltweite Shitstorm garantiert, obwohl vielleicht 99,9% aller Einheiten einwandfrei sind. Da hilft es auch nicht, ein paar Garantiereparaturen einzusparen. Besser ein Hersteller sagt dann: „Shit happens, aber wir stehen dafür gerade.“
»Damit steht die Herstellergarantie im Gegensatz zur Gewährleistungspflicht des Händlers …«
Ist die Herstellergarantie nicht eher eine Erweiterung der Gewährleistungspflicht? Hier von Gegensatz zu sprechen ist inhaltlich falsch, selbst wenn es zur Verdeutlichung des Problems rhetorisch passen mag.
Garantie und Gewährleistung sind rechtlich und von der Sache her völlig unterschiedliche Dinge. Der Gewährleistungsanspruch ist gesetzlich geregelt und es ist ein Anspruch des Kunden gegenüber dem Händler. Die Garantie begründet einen Anspruch des Kunden gegenüber dem Hersteller, und sein Umfang wird vom Hersteller bestimmt.
Hier wird der Verbraucher wieder beschissen. Von der Beweisumkehr wissen die wenigsten Verbraucher.
Soweit ich mich erinnere sollte die Ausdehnung der vormals 6-monatlichen Gewährleistung auf 2 Jahre eine echte Verbesserung sein. Das ist es nur bedingt. Die Lobbyisten haben wieder mal gute Arbeit zu lasten ihrer Kunden geleistet.